D’gànz Nàcht làng: Chansons auf Elsässisch Kultur | 06.02.2020 | Erika Weisser

Charlotte-Vix

Wenn Charlotte Vix am 8. Februar zum Grenzenlos-Festival ins SWR-Studio Freiburg kommt, wird ihr Konzert sicher nicht die ganze Nacht lang dauern. Doch singen wird sie die elsässische Version von Lionel Ritchies „All night long“ bestimmt.

Geschmeidig bewegt sich die junge Frau mit den grünlich schimmernden Haaren, dem großen Love-Motiv-Tattoo am linken Oberarm und der beeindruckenden Singstimme zur swingenden Musik über die Bühne des Kulturzentrums Tanzmatten in Sélestat. „Isch s’Lewe nit scheen?“ fragt sie strahlend, mit funky-souliger Intonierung. Um sich und dem Publikum unverzüglich selbst die Antwort zu geben: „S’Lewe isch scheener mit Lièb.“ Genau so, wie es Stevie Wonder in seinem Song „Isn’t she lovely“ macht, von dem die 29-Jährige eigens für diesen Auftritt eine elsässische Cover-Version verfasst und einstudiert hat – und zum ersten Mal öffentlich sang.

Mit Erfolg, wie sich später zeigt: Charlotte Vix, die sich CharlOtte nennt, sang sich mit diesem Lied – und der bereits erwähnten Mundart-Adaptation von „All Night long“ – in die Herzen des Publikums und der Jury des im Mai 2019 vom Radiosender France Bleu Alsace organisierten „Concours de Chant d’Stimme“. Und landete prompt auf dem ersten Platz dieses Singwettbewerbs, der dem Erhalt und der Förderung der Originalsprachen in Elsass und Lothringen dienen soll und an dem folglich nur Dialektsänger teilnehmen können.

Ein Traum wurde wahr

„Außerordentlich bewegt und super glücklich“ habe sie sich nach diesem „wahr gewordenen Traum“ gefühlt, sagt die Chansonnière, die vor dem Auftritt „sehr, sehr aufgeregt“ war. Dabei hat sie schon öfter vor großem Publikum gesungen – etwa bei dem jeden Sommer in einem anderen elsässischen Ort veranstalteten Festival „Clair de Nuit“, das regelmäßig gut 1500 Zuhörer anlockt. Und sie ist auch seit ihrer Kindheit, die sie nördlich von Straßburg in dem kleinen Dorf Kurtzenhouse verbracht hat, mit dem Singen vertraut, ja „ganz selbstverständlich damit aufgewachsen“: Ihr Vater, ein begeisterter Liebhaber amerikanischer Musikstile wie Jazz, Soul und Swing, habe „immer Musik gemacht“. Mit seinem Keyboard und anderen Instrumenten. Und sie habe früh angefangen, mit ihm zu singen. Sie tut es bis heute. Bei kleinen Konzerten, bei Straßen-, Geburtstags- oder Hochzeitsfesten. Oder mit dem Francky-Reinhardt-Quintett, in dem der Vater auch mitspielt.

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Charlotte Vix die sich auch CharlOtte nennt, nach dem Erfolg beim „Stimme“-Wettbewerb.

Charlotte Vix hat außerdem, und das ist ihr anzuhören, eine gediegene Stimmbildung hinter sich: Vier Jahre lang studierte sie am Konservatorium in Straßburg, hat dort neben einem Violine-Studium auch eine Gesangsausbildung in Jazz und klassischer Musik absolviert. Und sie ist glücklich, ihre Liebe zur Musik mit ihrer Berufstätigkeit in Einklang zu bringen: Mit „großer Freude“ arbeitet sie als Musiktherapeutin in einem Pflegeheim der Fondation Sonnenhof für Menschen mit mentalen und psychischen Handicaps in Haguenau-Bischwiller. Von dort hat sie es nicht weit nach Kurtzenhouse, wo sie immer noch wohnt. Mit ihrer Familie, deren alltägliche Umgangssprache das Elsässische ist. Seit ihrer frühen Kindheit ist sie, besonders wegen der engen Beziehung zu ihrer Großmutter, mit diesem Idiom vertraut; es kommt ihr ebenso selbstverständlich über die Lippen wie das Französische. Und es habe ihr, erzählt sie, als zweisprachig Aufgewachsene schon immer Spaß gemacht, französische Lieder ins Elsässische zu übersetzen und zu singen. Oft singt sie solche Lieder auch mit ihren Schützlingen, von denen viele ebenfalls Elsässisch-Muttersprachler und Zweisprachler sind.

Nach dem Erfolg beim „Stimme“-Wettbewerb will sich CharlOtte mehr ihrer Musik widmen, liebäugelt natürlich mit größeren Auftritten, „gerne auch im benachbarten Ausland“. Eine erste Einladung führt sie nun nach Freiburg, über die eigentlich nicht mehr vorhandene Grenze, zum Grenzenlos-Festival. Sie freut sich sehr auf dieses Konzert, fühlt sich super motiviert. Und feilt an ihrem Repertoire, zu dem auch „zwei, drei Überraschungen“ gehören werden.

Info

www.freiburg-grenzenlos-festival.de

Fotos: ©  Marc Walter, privat