Freiburgs Kultur-Streaming-Dienste sind wenig zukunftstauglich Kultur | 21.12.2020 | Liliane Herzberg

Carmelo Policicchio Hat seine eigene Radioshow: Carmelo Policicchio streamt über #infreiburgzuhause live aus dem Swamp.

Wegen Corona bleiben Club-Boxen still. Die Streaming-Plattform #infreiburgzuhause (#iFz) unterstützt die Kultur-Szene in der Green City wo sie kann. Bis Ende November mischten auch die Organisatoren von United We Stream Upper Rhine (UWS) mit. Das ehrenamtliche Projekt war aber nicht länger stemmbar und ist mittlerweile beendet. Nicht jeder ist vom Livestreaming in der coronafreien Zukunft überzeugt.

„Im Vergleich zum echten Konzert fehlt etwa das Im-Bauch-Spüren von Bässen oder die Lichteffekte“, sagt Tilo Buchholz, Koordinator von #iFz. „Wir sehen das aber nicht als Ersatz für ein Konzert. Unser Ziel war, ein Förderinstrument zu schaffen, mit dem wir Freiburger Spielstätten, Künstler_innen und Dienstleister unterstützen.“ Das Projekt von Freiburger Sparkasse, FWTM und Kulturaggregat streamt seit Mai kulturelle Veranstaltungen. „Wir möchten, dass das Publikum versteht, dass es Teil einer Säule ist, die den Kulturbetrieb unterstützt.“

Carmelo Policicchio etwa streamt über #iFz eine Radioshow aus dem Swamp. „So ein Abend ist schon entspannt.“ Er wisse aber nicht, ob das den Menschen langfristig genüge. Für ihn tauge es jedenfalls nicht als Daueralternative. „Irgendwann sollte das Swamp schon wieder aufmachen. Die Beträge aus den Spenden sind ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Bisher kamen bei #iFz Sponsorengelder in Höhe von 130.000 Euro netto zusammen. Unterstützer sind die Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM), Lexware, der SC Freiburg und der Rotary Club Freiburg. Durch freiwillige Beiträge kamen weitere 26.840 Euro zusammen. „Grundsätzlich ist bei der Spendenbereitschaft ein Unterschied zwischen subkulturellen und ‚hoch‘-kulturellen Veranstaltungen zu beobachten“, so Mitkoordinator Thomas Walz.

Von den Geldern wurden rund 115.000 Euro an die Kulturwirtschaft ausgeschüttet. Der Rest floss zurück in den Fördertopf, weitere 13 Events sind damit für Dezember und Januar bereits geplant. Danach reiche das Budget für etwa fünf weitere Veranstaltungen, erklärt Walz. Sie seien aber bereits auf der Suche nach neuen Sponsoren. Buchholz wird konkreter: „Das Projekt läuft erst aus, wenn das Geld aufgebraucht ist. Und der Kanal bleibt in jedem Fall bestehen.“ Aktuell sei es Hilfe zur Selbsthilfe. „Aber wenn es nicht mehr nötig ist, werde ich meine Kraft gerne wieder vor Ort einsetzen.“

Ebenfalls seit Mai dabei war UWS. Die Klickzahlen lassen sich sehen: „Es gab Streams, die 8000 bis 9000 Leute währenddessen und danach angesehen haben“, erzählt Simon Waldenspuhl, Mitinitiator des Ablegers vom Berliner Projekt. Finanziert hat sich das Team vor allem mit Sponsorengeldern: „Insgesamt haben wir 18.000 Euro vom Kulturamt, der Berliner UWS-Zentrale und der FWTM gesammelt.“ Die freiwilligen Beiträge blieben eher mau. „Wir haben über den ganzen Zeitraum nur knapp 2000 Euro an Spenden eingenommen“. Nun endete das Projekt. „Vor allem, weil wir das ehrenamtlich nicht mehr stemmen konnten und wollten.“ Waldenspuhl räumt den DJ-Set-Streams keine Zukunft ein. „Wenn man auf einer Party ist, wo ein DJ auflegt, dann steht man nicht anderthalb Stunden gebannt vorm Pult, sondern man holt sich ein Bier, geht raus, quatscht, geht wieder tanzen. Das reicht halt nicht als Stream.“

Die großen Klickzahlen bleiben aus. „Ich habe von #iFz und UWS gehört, mehr aber auch nicht. Live-Streams anzusehen hat mich nicht gereizt“, sagt etwa Leo Wittich. Er ist Teil des Kollektivs Nimmersatt, das in Freiburg vor Corona regelmäßig Techno-Partys organisierte. Für ihn gehöre sehr viel mehr zu einer Party als nur der DJ. „Im Streaming sehe ich keinen Mehrwert.

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Fotos: © herz, www.infreiburgzuhause.de