Herr Hasemann fand das Glück: Ausstellung zeigt „Die Erfindung des Schwarzwalds“ Kultur | 16.09.2023 | Lars Bargmann

Bollenut

Heute gilt der knallrote Bollenhut als Markenzeichen des Schwarzwalds. Aber wer hat diese Kopfbedeckung so bekannt gemacht und damit auch das Bild der Region geprägt? Antworten – visuell – gibt die Ausstellung „Wilhelm Hasemann und die Erfindung des Schwarzwalds“ im Augustinermuseum.

Hasemann (1850–1913) war 1880 in Gutach angekommen. Mit der Eisenbahn. Für einen Auftrag. Er war entzückt von Land und Leuten. Er blieb. Er gründete eine Malerkolonie. Herr Hasemann fand das Glück in Gutach. In der Schau ist nun zu bestaunen, worüber er gestaunt hat.

Zu sehen sind in der von Mirja Straub kuratierten Ausstellung 65 Gemälde, zahlreiche Reprofotografien, Vorstudien, Zeichnungen und Skizzen, Buchillustrationen, Postkarten und auch originale Trachten. An einer virtuellen Hutstation können die Besucher selbst einen Strohzylinder oder einen Bollenhut anprobieren. Ein Nachbau der präferierten Atelier-Kulisse des Malers, der „Herrgottswinkel“, lädt Neugierige ein, sich selbst zu inszenieren. Zu sehen sind unberührte Landschaften, die traditionellen Bauernhäuser mit den weit ausragenden Dächern, das bäuerliche Leben, rotwangige junge Frauen mit traditioneller Kleidung.

Bollenhut

Idyllisch? Der rote Bollenhut war früher ein Erkennungszeichen für unverheiratete Frauen.

Hasemanns Arbeitsweise offenbart erstaunliche Parallelen zu den sozialen Medien der Gegenwart mit Filterfunktionen, Optimierungswahn und der Jagd nach dem perfekten Bild. Der gebürtige Sachse war ein Meister der Inszenierung, komponierte mal wie ein Dokumentar bis ins letzte Detail, deutete dann wieder das Reale ins Irreale.

Die Bollenhüte, damals nur in Gutach, Kirnbach und Reichenbach gebräuchlich, hatten es ihm angetan. Die Bilder Hasemanns tragen eine mächtige Mitschuld an der Berühmtheit des Kopfschmucks. Es ist ein Verdienst der Schau, das zu transportieren.

„Wir freuen uns sehr, dass wir Hasemanns künstlerischen Prozess in 14 Themenbereichen so anschaulich zeigen können“, sagt Jutta Götzmann, die Leitende Direktorin der Städtischen Museen Freiburg. Das wäre ohne die zahlreichen Leihgaben, von persönlicher Korrespondenz des Künstlers über idyllische Landschaftsbilder bis hin zu detaillierten Porträtgemälden, nicht geglückt. Hasemann hat das Bild der Region deutlich mitgeprägt.

Info

Der nicht minder sehenswerte Katalog zur Sonderausstellung ist für 26,95 Euro im Museumsshop (auch online) erhältlich.

Fotos: Axel Killian (v.l.) Wilhelm Hasemann: Kirchgang in Gutach, 1895; Sommertag im Schwarzwald, 1912, Sammlung Goiny