Kunstvolle Skulpturen aus Stroh in Höhenschwand Kultur | 06.09.2019 | Erika Weisser

Strohskulpturen

In Höchenschwand gibt es demnächst eine ganz besondere Ausstellung. Auf dem Gelände beim Bauernmarkt im Ortsteil Frohnschwand sind vom 8. September bis 13. Oktober kunstvolle Skulpturen aus Stroh zu bewundern.

An diesem Sommertag regnet es in Strömen. Doch das kann den fünf Landfrauen, die gerade Berge von frisch geernteten Getreidepflanzen von Ähren und Grasblättern befreien, nichts anhaben: In dem zu einer riesigen Scheune umgebauten früheren Stall des Villinger-Hofs ist es trocken. Und hell. Durch die großen Dachfirstfenster kommt trotz des trüben Himmels so viel Tageslicht, dass sie ohne künstliche Beleuchtung die unzähligen Strohhalme sortieren können, die sie für die Gestaltung eines zweigeschossigen Gebäudes brauchen. Dabei plaudern sie sicher nicht nur über die letzten Streiche, die Max und Moritz der Witwe Bolte gespielt haben.

Um deren Haus handelt es sich nämlich: Der Höchenschwander Landfrauenverein hat Wilhelm Buschs Moritat von den beiden übermütigen Übeltätern als Motto für seinen Beitrag zur diesjährigen Strohskulpturenausstellung gewählt. Besonders angetan hat es ihnen die Szene, in der die Buben auf dem Hausdach der braven Frau stehen, um die von ihnen gemeuchelten und inzwischen gebratenen Hühner über den Kamin aus der Pfanne zu angeln, während sie im Keller weilt, „wo sie von dem Sauerkohle eine Portion sich hole“.

Der Keller, die Küche sowie das Dach und der Kamin stehen bereits da – als hölzerne Rohbauten, die noch gekonnt mit Stroh verkleidet werden. „Unsere Männer haben sie gezimmert“, sagt Gabi Villinger anerkennend, „obwohl einige von ihnen in ihren eigenen Vereinen mit ihren eigenen Figuren genug zu tun haben.“ Aber so sei das halt in der Vereinsgemeinschaft, die auf ein Ziel hinwirke: da „hält man zusammen, hilft sich gegenseitig“. Diese Erfahrung hätten sie bisher bei allen Strohskulpturen-Ausstellungen und -Wettbewerben gemacht, die seit 2001 alle zwei Jahre stattfinden – heuer zum zehnten Mal.

Strohkunst

Aufwendige Kunst: In vielen Stunden Handarbeit entstehen die detailreichen Strohskulpturen.

„Jedes Jahr würden wir das nicht fertigbringen, auch wenn es noch so viel Spaß macht“, stellen die Frauen übereinstimmend fest. Denn in den Skulpturen stecke eine Menge Zeit, die zusätzlich und in den meisten Fällen nach der Alltagsarbeit aufgebracht werden müsse. Sie selbst haben bereits am 25. Juli mit dem Bauen angefangen, einige kleine Figuren und oft übersehene Utensilien seien schon geschafft. Das stimmt: Die Hühner, die Pfanne, das Sauerkohlfass, die Schöpfkelle und die Dachziegel liegen in einer kleineren Scheune in der Nähe bereit. Bewacht werden sie von der Strohversion von Witwe Boltes Spitz, der wie im Originalbild sehnsüchtig den entschwindenden Hühnern nachschaut. Bei Max und Moritz fehlen nur noch die Frisuren und die Kleider, die aus mit Bast vernähtem Stroh gefertigt werden. Frau Bolte ist indessen noch ganz kopf-, fuß- und schürzenlos.

Elf Vereine sind nach Auskunft von Sebastian Stiegeler, dem Leiter der örtlichen Tourist Information, an dem Projekt beteiligt. Er schätzt, dass 200 bis 300 Leute Hand anlegen bei der Entstehung dieser „Werke vergänglicher Kunst“, die „immer professioneller werden“. Und dass für diese „wichtigste Vereinsveranstaltung des Orts“ in etwa 10.000 bis 12.000 ehrenamtlichen Arbeitsstunden mehr als eine Tonne Stroh verarbeitet werde. Dieser „robuste Werkstoff“ werde von Landwirten aus Höchenschwand und der näheren Umgebung bezogen.
Die ungewöhnliche und eintrittsfreie Ausstellung zieht viele Besucher an: Mehr als 50.000 Menschen seien es 2017 gewesen, und viele von ihnen hätten bei der Bewertung mitgestimmt, bei der die Männer vom Zapfwellen-Verein mit ihren Miniaturen von Oldtimertraktoren den ersten Platz belegten. Vor den Landfrauen.

Info

www.ferien-suedschwarzwald.de

Fotos: © Klaus Hansen