Laptop statt Laute: Rapper Wood$tock veröffentlicht sein erstes Album Kultur | 24.10.2020 | Phillip Thomas

Woodstock

Er macht Musik für die urbane Großstadt, wohnt aber im beschaulichen Waldkirch. Das hat den 19-jährigen Rapper Wood$tock nicht aufgehalten, sein Debüt „Home Town“ zu veröffentlichen. Trotzdem habe es Mut gekostet, in der Provinz Trap-Musik zu produzieren. Denn nicht immer wurde seine Heimatliebe erwidert.

„Im Freundeskreis haben wir viel Hip-Hop gehört“, erinnert sich Alexander Maier an seine Jugend. Schon damals habe er genau wissen wollen, wie seine Lieblingslieder aufgebaut sind und sich für Musikproduktion begeistert. Mit 15 habe er schließlich angefangen, sich durch Youtube-Tutorials zu klicken und eigene Beats zu bauen. „Ich habe mir so alles selbst beigebracht“, erzählt der mittlerweile 19-Jährige, der sich Wood-$tock nennt. Der Name solle ihn motivieren und zeigen, was möglich ist.

Kein leichter Vergleich: Das größte Musikereignis des 20. Jahrhunderts endete beinahe in einer Katastrophe. Davon ist Maiers Erstlingswerk allerdings weit entfernt: Motivation und Know-how sind seiner Musik schnell anzuhören. Mit der Veröffentlichung auf Spotify und Co. sei für ihn ein Traum in Erfüllung gegangen: „Ich war wirklich stolz, ein krasser WowEffekt.“ Erste Songs seien bereits vergangenes Jahr entstanden, das Debüt hat er schließlich in zwei EPs geteilt.

Auf der ersten Hälfte „Town“ wird noch unbeschwert „gebounced“ und verträumt der „Südwesten auf die Karte gebracht“. Zum Track „Claire Laffut“ existiert bereits ein Video. „Mein Freundeskreis hat mir dabei geholfen“, erzählt Maier. Am liebsten würde er alles in Eigenregie machen, „vom Videoschnitt habe ich allerdings keine Ahnung“. Der Clip kommt stilecht in nostalgischer VHS-Optik daher. Für die alten Kassetten könne er sich trotz seines noch jungen Alters begeistern. Auch musikalisch geht der Rapper mit seinem Plattenspieler gerne ein paar Jahrzehnte zurück, hört Jimmy Hendrix, Nirvana, The Cure oder Pink Floyd.

„Mein Eltern können meine Musik nicht verstehen“

Die „Home“-EP versteht Maier entsprechend als A-Seite. Er schlägt dort ruhigere Töne an, singt vom Schönen und den Schattenseiten der Provinz – genreüblich monoton, aber nicht ohne emotionales Auf und Ab. „Diese Songs sind sehr intim und persönlich geworden“, sagt er. Für die Aufnahmen habe er sich in den Keller oder sein Kinderzimmer zurückgezogen. „Ich mochte es gar nicht, wenn dabei andere Leute im Haus waren. Viele Menschen in der Gegend haben kein Verständnis oder Interesse an dieser Musik.“

Auch der Rückhalt in der Familie sei nicht immer so stark, wie der Künstler sich das wünschen würde. „Meine Eltern können meine Musik nicht so recht verstehen und fragen sich natürlich, ob ich davon leben kann“, sagt er. Trotz Dollarzeichen im Namen: Des Geldes wegen mache Wood$tock keine Songs. Trotzdem möchte der Abiturient sein Elternhaus nicht strapazieren: „Ich will natürlich nicht rausgeworfen werden.“

In dem 20.000-Seelen-Ort Waldkirch Metropolen-Musik zu machen, habe viel Mut gekostet. Nach einem Schulwechsel habe er deswegen versucht, Klassenzimmer und Keller strikt zu trennen: „Ich wollte nicht darauf angesprochen werden. Die Zeit war deprimierend.“ Sein alter Freundeskreis sei toleranter: „Vielleicht wollen sie mich nicht verletzten, aber die Rückmeldungen sind positiv.“ Auch außerhalb seiner Blase bekommt er „plötzlich Love“. Der Blondschopf möchte weiterhin Beats produzieren und Musik machen. Eine neue EP ist schon geplant.

Foto: © xolypsilon