Till Reiners im Paulussaal: Viele Pointen, keine Flamingos Kultur | 25.10.2022 | Pascal Lienhard

Till Reiners Till Reiners ist im Paulussaal aufgetreten. Fotografieren durften wir auf Wunsch des Künstlers nicht.

„Was ist denn hier kaputt?“, fragt Till Reiners schon nach gut fünf Minuten im Freiburger Paulussaal. Tiefstes Badisch und mutmaßliche Integrationsprobleme lassen den Wahl-Berliner an der Breisgaumetropole verzweifeln. Die Besucher·innen im ausverkauften Saal nehmen es ihm nicht übel – für rund 100 Minuten hängen sie dem Comedian an den Lippen.

Bevor Till Reiners sich über südbadische Eigenheiten auslässt, lockert Falk Pyrczek die Lachmuskeln auf. Der ehemalige Mathelehrer beschreibt sich im Paulussaal als den „Mann, auf den niemand gewartet hat“. In seinem kurzweiligen Auftritt spricht der 1,66-Meter-Mann vom Leben mit einer größeren Freundin, dem Alltag an einer ostdeutschen Grundschule und Datingerfahrungen.

Reiners selbst macht sich erstmal über Baden her. Zwar erklärt eine Besucherin auf Nachfrage, aus Berlin angereist zu sein. Schnell zeigt sich aber, dass sie schon seit 20 Jahren in Südbaden lebt. Angekommen klingt anders. Die müsse wohl nach wie vor spüren, dass sie von außerhalb komme, witzelt Reiners.

Klar, Witze über Baden und den hiesigen Dialekt („Für mich klingt das wie Rumänisch“) kommen in Freiburg gut an. Wirklich einfallsreich sind sie nicht, zumal Reiners mehr kann. Dem wortgewandten Künstler ist die Vergangenheit als Poetry-Slammer anzumerken. Inzwischen hat er eine eigene Show im WDR und ersetzte unlängst Oliver Welke als Moderator der „Heute Show“. Einigen dürfte er auch durch den Podcast „Talk ohne Gast“ mit Kollege Moritz Neumeier ein Begriff sein.

Der großen Politik geht Reiners in seinem Programm „Flamingos am Kotti“ größtenteils aus dem Weg. Schade – gerade seine Metapher zur deutschen Klimapolitik überzeugt. Die Regierung tritt da als Berliner Party-WG auf, die bis zum Besuch des Vermieters in drei Wochen für Ordnung sorgen muss. SPD und Grüne räumen in einem „Kraftakt“ die Tassen auf, die FDP möchte auf einen innovativen Staubsauger setzen und die AfD stellt in Frage, ob die WG überhaupt für den Dreck verantwortlich sei.

Mit „Flamingos am Kotti“ – als „Kotti“ ist im Volksmund der Kreuzberger Brennpunkt Kottbusser Tor bekannt – hat das alles wenig zu tun, sie finden im Programm nur knappe Erwähnung. Trotz des kleinen Etikettenschwindels dürfte sich mancher auf dem Heimweg erhoffen, dass Olli Welke seinen Moderationsstuhl bald dauerhaft freimacht.

Foto: © Daniel Dittus