Werkeln im Prototyp: Haus des Engagements will Brücken schlagen Kultur | 27.11.2019 | Till Neumann

Seit April gibt es das „Haus des Engagements“ (HdE) in Freiburg. Wirtschaft soll dort auf Kultur treffen. Initiativen auf Künstler. Die Macher hatten sich deutlich mehr Raum erhofft, sind aber nach den ersten Monaten hochzufrieden. Im Keller ist aus Stroh und Lehm eine Musiker-­Oase entstanden.

Nicht alle finden das Haus des Engagements auf Anhieb. Etwas versteckt liegt es an der Rehlingstraße. Doch in den Räumen herrscht reges Treiben: Rund 20 Leute arbeiten bereits im Gebäude. Vereine, Initiativen, Firmen. Zwei Drittel der Plätze sind belegt, sagen die Macher vom Trägerverein Treffpunkt Freiburg. Den meisten Platz im Co-Working-Space nehmen die „Stadtpiraten“ ein. Der gemeinnützige Verein ist gleich mit mehreren Kräften vertreten. „Der Austausch hier ist total spannend“, sagt Geschäftsführerin Anna-Verena Fronz. Eine Riesenbereicherung seien die Räume. Mit perfekter Infrastruktur und besten Möglichkeiten, sich zu vernetzen. Zum Beispiel bei einem „weekly“, einer wöchentlichen Runde, bei der jeder in drei Minuten seine aktuellen Themen und Herausforderungen vorstellt.

Sich gegenseitig helfen und inspirieren – das ist der Ansatz des HdE. „Die klassische Trennung zwischen Wirtschaft und Kultur oder Initiativen soll aufgehoben werden“, sagt Gitta Walchner von Treffpunkt Freiburg. Dass das klappt, bestätigt Lisa Nüßlein von der Firma SuperCode. Ihr Unternehmen bildet mit Online-Kursen junge Menschen zu Programmierern aus. Sehr offen sei die Stimmung, sagt Nüßlein. Für alle Mieter gibt’s Highspeed-Internet, Drucker und Kopierer sowie Lagerfläche im Keller. 210 Euro kostet ein Vollzeitarbeitsplatz im Monat. Auch „Flexdesks“ in Teilzeit sind möglich.

Von 9 bis 18 Uhr arbeiten Hauptamtliche in den Räumen. Am Abend und an Wochenenden stehen sie für ehrenamtliche Tätigkeiten zur Verfügung. Meetingräume für bis zu 15 Personen können für zehn Euro pro Stunde gemietet werden. Einen Veranstaltungsraum für bis zu 60 Leute gibt es für 20 Euro pro Stunde. Im Keller sind nicht nur 200 Quadratmeter Lagerfläche, sondern auch ein fast 50 Quadratmeter großer Proberaum. Dort proben fünf Bands. Von vielen Syn­ergieeffekten berichtet Bassist Micha Gabriel Scheiffele, der den Raum mit zwei Bands nutzt. Mittlerweile habe er erste Freundschaften mit den Kollegen des HdE geschlossen. Den Raum haben sie eigenhändig mit Lehm und Stroh schallisoliert. Kürzlich gab’s dort ein Konzert für die Belegschaft.

Das Fazit nach den ersten sechs Monaten? „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Magdalena Langer, Geschäftsführerin des HdE. Es seien viele unterschiedliche Leute zusammengekommen und Ideen entstanden. „Das geht super auf“, sagt auch Franz-Albert Heimer, Chef des Treffpunkt Freiburg. 2500 Euro Miete sind derzeit fällig fürs Gebäude. 2020 werden es 2800 Euro. Von einer „schwarzen Null“ spricht Heimer. Weitere Mieter oder Fördergelder sind nötig, um auch kommendes Jahr keine Verluste zu machen. Der Support aller Fraktionen im Gemeinderat sei da. Vom Rathaus erhofft man sich weitere Unterstützung.

Trotz der Euphorie bleibt ein Wermutstropfen: Der aktuelle Standort ist nur ein Plan B. Ursprünglich wollte das HdE-Team in die Räume des ehemaligen Bürgeramts an der Johanneskirche ziehen. Doch das Studierendenwerk bekam den Zuschlag.
Statt der dortigen 4000 Quadratmeter sind jetzt nur 500 verfügbar. Großmieter wie die Diakonie sind daher ferngeblieben. Heimer hofft auf weitere Optionen. „Das hier ist ein Prototyp, mit dem wir zeigen wollen, was geht.“

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