Rocken für den Regenbogen: Multikulti-Band Unojah veröffentlicht "Colour to the People" STADTGEPLAUDER | 11.03.2017

Unojah singen nicht nur von Vielfalt, sie leben sie. Die fünf Musiker haben Wurzeln in der Karibik, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Deutschland. Das hört man ihren Reggae-Weltmusik-Songs an. chilli-Redakteur Till Neumann hat die Band in ihrem Proberaum in Littenweiler besucht. Und weiß jetzt, warum der neue Name auch dem türkischen Präsidenten zu verdanken ist.

Unojah

Neustart: Chaldun Schrade und seine Band gehen im April mit neuem Namen auf Tour.

„Go Jalal and run for Gold“, singt Chaldun Schrade und spielt dazu auf der Akustikgitarre. Der linke Fuß wippt im Takt auf den Teppichboden, die Augen sind geschlossen. Begleitet wird der 30-Jährige von Bassist Suleyman Ter Haar und Keyboarder Ricardo Belvedere, die auch gesanglich unterstützen. Die Einsätze gibt Schrade – der bärtige Sänger mit den langen blonden Haaren ist nicht nur Frontmann. Er schreibt auch die Songs, macht Management, Presse­arbeit und Promo

Damit hat der Lehramtsstudent derzeit alle Hände voll zu tun. Denn Unojah haben am 10. März ihr Album „Colour to the People“ veröffentlicht und sind ab April auf Tournee. Alles soll professioneller werden. Größer, besser, bunter, berichtet er beim Gespräch im sonnigen Hinterhof vor dem Proberaum.

Nur drei von fünf Bandmitgliedern sitzen in der Runde. Die anderen müssen arbeiten: der Drummer in Konstanz, der Saxofonist in Stuttgart. Doch für eine Stimmprobe reicht auch das Trio. Gefeilt wird am Gesang – auf Arabisch und Englisch. Auch Französisch, Spanisch und Deutsch sind auf der neuen Platte zu hören. Multikulti ist Programm.

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Multikulti: Saxofonist Bilal Heidelberger hat Wurzeln in der Karibik.

Seit 2012 gibt es die Band, die bis Ende 2016 noch Ottoman Empire Soundsystem hieß. Doch der aufs Osmanische Reich (auch Ottomanisches Reich genannt) bezogene Name sorgte immer wieder für Missverständnisse: „Das hat viele abgeschreckt“, berichtet Suleyman Ter Haar. „Wir sind durch das Türkei­thema in Töpfe geworfen worden“, ergänzt Schrade. Nach Konzerten seien Leute gekommen, um zu fragen, was sie mit Erdogan zu tun hätten. Dabei sei diese Referenz nicht gewollt, sagt die Band.

Im Herbst zogen sie sich auf einen Bauernhof in die Vogesen zurück. Dort feilten sie an neuen Stücken und einem neuen Namen: Heraus kam Unojah. Ein Mix aus dem lateinischen Unitas und Umojah auf Swahili. Beides bedeutet Einheit.

Damit bringen sie ihre Message auf den Punkt: Einheit in Vielfalt. So heißt auch die erste Single ihrer Platte mit einem farbenfrohen Video: Buntes Pulver eines indischen Holi-Festivals fliegt auf singende Köpfe. „Bunter als du dachtest“, heißt es im Song. Was ist denn bunter? „Alles“, sagen die drei und lachen. Ter Haar trägt eine muslimische Gebetskappe, Belvedere hat gerade die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Schrade ist Bobbele, aber „im Herzen Afrikaner“.

Kein Zufall also, dass sich die Band für Austausch und Zusammenhalt starkmacht. Um die Botschaft „in die Welt hinauszutragen“, haben sie 14 Songs aufs Album gepackt. Die mischen Reggae und Weltmusik, Tanzbares und Tiefsinn, Melancholie und Mitreißendes. Viel Arbeit steckt drin, sagen Unojah, und das hört man. Der Sound ist saftig, orientalische Elemente verleihen ihm eine eigene Note: So ist auch mal eine indische Bansuri-­Flöte zu hören. Und das Saxofon in „Unojah Sound“ klingt nach dem bunten Treiben eines arabischen Basars.

Spirituell ist die Musik in jedem Fall: „One for all – all for one“, heißt es auf der Platte. Es geht um revolutionäre Gedanken, die Suche nach Heimat und den Kampf für Gerechtigkeit. Chaldun Schrade zeigt dabei nicht nur Sprachtalent, sondern auch Stimmfacetten: mal kratzig fordernd, mal melodisch weich. „Die CD hat keinen roten Faden“, sagt er selbst. Vielfalt ist Trumpf.

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Im Proberaum: Ricardo Belvedere, Chaldun Schrade und Suleyman Ter Haar

Ein paar Tausend Euro haben die fünf ins Album investiert. Und wollen alles auf eine Karte setzen. „Wir wissen, es kann scheitern“, sagt Schrade. Den Vertrieb ihrer CD macht die bayerische Künstler-Agentur Soulfire. „Ich traue Unojah zu, ein solider Live­act mit einem festen Platz in der Szene zu werden“, sagt Soulfire-Chef Chris Pössinger.

Solide klingt nicht nach Durchbruch. Das wäre auch zu weit gedacht. Rund 150 Konzerte hat die ­Band bisher gespielt. Das größte in der Carl-Benz-Arena in Stutt­gart beim Kirchentag im Sommer 2015. Da kamen 5000 Leute. Wenn zum Tourneeauftakt am 7. April im Jazzhaus Freiburg ein Zehntel käme, wäre das ein Erfolg. „Wir hoffen auf eine Initialzündung“, sagt Schrade.

Mit ihrem Regenbogen-Reggae ist Unojah keine typische Lokalband. Sie waren schon in Algerien und würden gerne mal aufs Festival du Désert in Mali. „Spiritual Journey“ nennen sie das. Und unterbrechen ihre Probe auch mal, um gen Mekka zu beten. Die Nicht-Muslime trinken dann einen Kaffee. Und machen Witze. „Aber nicht über euch“, scherzt Ricardo Belvedere seinen Kollegen zu. Auch lachen ist Völkerverständigung.

Text: Till Neumann
Fotos: © Unojah & Till Neumann

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