Perinatale Pionierarbeit – fünf Jahre Frauenmilchbank an der Uniklinik Bauch & Baby | 27.06.2022 | Philip Thomas

Mutter mit neugeborenem auf dem Arm Muttermilch ist mehr als Nahrung für Neugeborene: sie stärkt das Immunsystem und ist besonders gut verdaulich – besser als industriell gefertigte Produkte. Frühgeborene profitieren besonders vom Angebot der Milchbank.

Die Frauenmilchbank Freiburg (FMBF) am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg sammelt und untersucht gespendete Muttermilch und bereitet sie für Frühgeborene oder kranke Kinder auf. Vor fünf Jahren wurde die Frauenmilchbank gegründet – als erste Einrichtung ihrer Art in Baden-Württemberg. 

Muttermilch gilt als die natürlichste und gesündeste Ernährung für Neugeborene. Schließlich enthält die Flüssigkeit alle lebenswichtigen Nährstoffe und trägt einen großen Teil zur Bildung des körpereigenen Immunsystems bei. Manchmal kann es jedoch sein, dass die Menge der Muttermilch nicht für die Ernährung des eigenen Kindes reicht, etwa weil ein Kind zu früh das Licht der Welt erblickt hat.

„Unsere Frauenmilchbank ist eine von nur 34 vergleichbaren Einrichtungen in Deutschland“, sagt Daniel Klotz, Ärztlicher Leiter der Frauenmilchbank am Universitätsklinikum Freiburg. „Und das, obwohl es mehr als 200 Perinatalzentren, also zertifizierte Einrichtungen zur Versorgung von Früh- und Neugeborenen, in Deutschland gibt.“

Als sie im Februar 2017 gegründet wurde, musste die FMBF viele Hürden nehmen. So m usste erstmals der rechtliche Status von Frauenmilch als Lebensmittel in Baden-Württemberg geklärt werden. Mit ihrer Expertise habe das Team der Freiburger Frauenmilchbank beim Aufbau aller weiteren Frauenmilchbanken in Baden-Württem-berg geholfen.

Mehr als 60 Frauen haben seit Beginn des Probebetriebs im Jahr 2016 Muttermilch gespendet. Sie alle waren stationär aufgenommene Mütter von kleinen Patient·innen am Universitätsklinikum Freiburg und bildeten über den Bedarf ihres eigenen Kindes hinaus einen Überschuss an Muttermilch. Bisher haben rund 220 Kinder – vor allem Frühgeborene – am Universitätsklinikum Freiburg gespendete Milch erhalten. 

gespendete Muttermilch

Die gespendete Muttermilch wird mikrobiologisch untersucht und aufbereitet, bevor sie an Frühgeborene abgegeben wird.

Das Konzept ist erfolgreich: „Alle Kinder, die bei uns vor der 35. Schwangerschaftswoche geboren werden, können wir mittlerweile ausschließlich mit humaner Milch ernähren und müssen nicht auf künstliche Frühgeborennahrung zurückgreifen“, sagt Klotz. Dabei gilt: Erste Wahl ist und bleibt die Milch der eigenen Mutter. Nur wenn diese trotz ausreichender Unterstützung durch eine Stillberatung ausbleibt, wird nach Einwilligung durch die Eltern auf gespendete Frauenmilch zurückgegriffen.

Ab März 2022 will die FMBF regionale und überregionale Abteilungen der Früh- und Neugeborenenversorgung ohne eigene Frauenmilchbank mit Frauenmilch unterstützen. Um den insgesamt hohen Bedarf zu decken, wurde vergangenes Jahr damit begonnen, erstmals externe Spenderinnen, also stillende Mütter ohne direkten Bezug zur Klinik, zu rekrutieren.

Nach einer Gesundheitsüberprüfung der Spenderin wird viermal pro Woche ihre Muttermilch von einem Fahrradkurier abgeholt und in die Klinik geliefert. Dort wird sie mikrobiologisch untersucht und aufbereitet. So medizinisch wertvoll die Ernährung mit Frauenmilch ist, so teuer ist sie auch. Klotz: „Pro Liter Frauenmilch müssen Herstellungskosten von etwa 300 Euro kalkuliert werden.“

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