Die Rumba-Therapie: Im Stich gelassen 4Film | 20.06.2023 | Erika Weisser

Die Rumba-Therapie: Vater Tony und seine Tochter Maria sitzen am Fluss

Im Ess-, Wohn- und Schlafzimmer seiner mit USA-Ansichten geradezu tapezierten Wohnung sitzt Tony im Unterhemd vor einem großflächigen Bildschirm und schaut eine Holly­wood-Schmonzette, bei der es um die Liebe geht – und die Unmöglichkeit, zueinanderzufinden. Dabei isst und raucht er gleichzeitig und trinkt dazu Bier aus der Flasche. Es nervt ihn, er zappt zum nächsten englischsprachigen Kanal, der aber auch kein besseres Programm zu bieten hat. 

Ziemlich trostlos wirkt das – und ist es auch: Wie im Verlauf des Films zu erfahren sein wird, hat der gealterte Schönling und Frauenheld ein ziemlich verkorkstes Leben hinter sich, in dem er einige Male grandios an sich selbst scheiterte. Selbst von seinem amerikanischen Traum ist nichts geblieben als die Poster an der Wand und ein Western-Outfit mit Schnauzer, Jeans und Cowboy-Stiefeln. Vereinsamt und kettenrauchend lebt Tony in einer französischen Provinzstadt und hadert mit sich und der Welt.

Dabei ist er eigentlich ganz nett. Das zeigt sich, als er am nächsten Morgen mit seinem Schulbus voller Kinder unterwegs zum Collège ist und mit ihnen während der Fahrt englische Sätze übt, die nur teilweise unterrichtskompatibel sind. Und das zeigt sich vor allem daran, wie er jedes einzelne Kind mit Namen, Handschlag und ermunternden Worten verabschiedet; dabei kümmert er sich besonders um die Zögerlichen unter ihnen.

Die Rumba-Therapie: Vater Tonyy und Tochter Maria im Tanzstudio

An diesem Abend wird er die Schüler jedoch nicht abholen: In der Autowerkstatt, in der er tagsüber arbeitet, erleidet er einen Herzanfall. Der und die schonungslosen Worte des zynischen Klinikarztes bringen ihn zur Besinnung: Kaum genesen, sucht er seine ehemalige Freundin Carmen auf, die er vor gut 20 Jahren im Stich ließ – mitsamt der kleinen gemeinsamen Tochter Maria. Zu ihr will er Kontakt aufnehmen, will „das versäumte Leben nachholen“. Carmen traut ihm zwar nicht, verrät ihm aber, dass Maria als Tanzlehrerin in Paris arbeitet.

Um sich ihr zu nähern, schreibt sich der notorische Nicht-Tänzer in ihren begehrten Rumba-Kurs ein und übt dafür fleißig mit seiner afrikanischen Nachbarin Fanny, die nebenbei souverän mit Tonys rassistischen Klischees aufräumt. Die Aufnahme in den Kurs klappt zwar, doch die Annäherung geht holprig vonstatten, zumal Tony zu feige ist, sich als Vater zu outen. Und in einer für Maria äußerst wichtigen Situation kriegt er es, wenn auch unbeabsichtigt, wieder nicht auf die Reihe, zu ihr zu stehen.

Von sich selbst enttäuscht, taucht Tony wieder unter, bekommt aber eine unerwartete Chance in dieser liebenswerten und humorvollen Komödie.

Filmplakat: Die Rumba-Therapie

Die Rumba-Therapie
Frankreich 2022
Regie: Franck Dubosc
Mit: Franck Dubosc, Louna Espinosa, Marie-Philomène Nga, Jean-Pierre Darroussin u. a.
Verleih: Neue Visionen
Laufzeit: 103 Minuten
Start: 22. Juni 2023

Fotos: © Neue Visionen