Der richtige Name – Die Herrlichkeit des Lebens Filmstart | 13.03.2024 | Erika Weisser
„Ich glaube, dass die Herrlichkeit des Lebens immer in ihrer ganzen Fülle bereit liegt. Aber verhängt, in der Tiefe unsichtbar. Ruft man sie beim richtigen Namen, dann kommt sie“. Franz Kafka, von dem dieser Tagebucheintrag stammt, hat am Ende seines wenig mehr als 40-jährigen Lebenswegs offenbar den richtigen Namen gerufen: Dora. Dora Diamant.
Darauf lässt zumindest der zauberhafte Spielfilm schließen, der nun, 100 Jahre nach dem Tod des Schriftstellers am 3. Juni 1924, in die Kinos kommt – natürlich auch in Freiburg. Denn als sich die beiden im Sommer 1923 im Ostseebad Müritz zufällig begegnen, fühlen sie sich sofort voneinander angezogen, haben sie ihre Augen und Sinne bald nur noch füreinander. Für beide ist es die große Liebe: Die erste für die 25-jährige Dora, die ihre jüdisch-orthodoxe Familie in Łódź verlassen hat und in Berlin längst ein eigenständiges Leben führt und politisch-antifaschistisch aktiv ist. Und die letzte für den 15 Jahre älteren Franz, der als Versicherungsangestellter in Prag arbeitete, große Zweifel an seinen literarischen Fähigkeiten hegt und dem es nicht gelingen will, sich aus der Dominanz seines Vaters zu lösen.
Beide lassen diese Liebe zu. Obwohl sie wissen, dass ihnen nicht viel Zeit bleiben wird: Franz Kafka leidet seit geraumer Zeit an einer unheilbaren und sich stetig verschlechternden Lungentuberkulose; deshalb ist er überhaupt an den Luftkurort gereist, wo sich Dora Diamant mit einer Kinderferienfreizeit des Berliner Jüdischen Volksheims aufhält, in dem sie arbeitet. Und als sie sich näher kommen, verheimlicht er ihr nicht dass er „ein kranker Mann“ sei.
Doch die beiden völlig verschiedenen, von Henriette Cofurius und Sabin Tambrea ganz ausgezeichnet und sehr feinfühlig verkörperten Menschen überwinden ihre Gegensätze und leben all die bisher unentdeckten Herrlichkeiten aus, die das Leben ihnen offenbart. Und trotz einiger Sorgen und Beschwernisse sowie der immer wieder spürbaren Trauer um das unabänderlich Bevorstehende gelingt es ihnen, eine Atmosphäre von Leichtigkeit und Lebensfreude, ja auch von Humor zu erhalten, die Kostbarkeit eines jeden Augenblicks zu genießen.
Sie leben zusammen in Berlin, teilen Alltag, Wünsche, Glauben, Glück. Doch dann wird er kränker, das Geld für die teure ärztliche Behandlung fehlt – er muss zurück unter den Schutzschirm der Familie, die ihm den Aufenthalt in einem Sanatorium in Österreich bezahlt. Dann kann sie wieder zu ihm – und erneut verblasst alles andere um sie herum.
Es ist ein besonderes Erlebnis, diesen Franz Kafka mit den Augen der Dora Diamant zu sehen, denn entgegen dem gängigen Bild vom depressiven, ängstlichen und neurotischen Mann wird ein offener, humorvoller und charmanter Freigeist gezeichnet.
Die Herrlichkeit des Lebens
Österreich/Deutschland 2023
Regie: Judith Kaufmann & Georg Maas
Mit: Henriette Confurius, Sabin Tambrea, Mira Griesbaum, Daniela Golpashin, Manuel Rubey u.a.
Verleih: Majestic
Laufzeit: 99 Minuten
Kinostart: 14. März 2024
Copyright Bilder: © Majestic
