Freiburgs Tracks des Jahres 2024 4Musik | 17.12.2024

Ein Grammy ging dieses Jahr wieder nicht nach Freiburg. Fast zu Unrecht, wie die chilli-Redaktion findet. Erneut haben wir die Köpfe zusammengesteckt und die zwölf besten Tracks des Jahres gekürt. Das sind unsere Lieblingslieder 2024 made im Breisgau.
Yoomcircle » Waterfalls
Vom Feeling her ein gutes Gefühl. Das legendäre Fußballzitat von Andi Möller passt zum Tune „Waterfalls“ von Yoomcircle. Die Indie-Pop-Nummer kommt mit lässigen Synthies und Drums daher, die einen unter den Wasserfall ziehen. Der Freiburger Johannes Maikranz hat mit seinem ersten Soloprojekt was geliefert, das zeitlos und frisch klingt. Überzeugt und macht Laune. Das Video im Westbad mit Springerin Anna Bader auch.
Johann Sundermeier » Violet
Freiburg hat keine Ausnahmekünstler·innen? Falsch. Was Johann Sundermeier mit der Flöte macht, sucht seinesgleichen. Blockflöte meets Elektro ist hier das Motto. Mit „Violet“ hat der Musikhochschul-Student einen kleinen Banger gedroppt. Solo gibt’s das zu bestaunen mit Loopmaschine und Co. Wie das aussieht, gibt’s auf seinem Instagram-Konto zu sehen. Reinschauen lohnt sich. „Blockflöten-Techno“ mit Flash-Effekt.
Jan Faati » Lass mich
Schluss mit Stress! Die Welt versinkt in Hektik, aber nicht Jan Faati. Der Freiburger HipHop-Künstler zeigt dem Wahnsinn die kalte Schulter und räkelt sich lieber im goldbestickten Bademantel im Bett. Eine Extraportion Entschleunigung gibt’s in „Lass mich!“ auf die Ohren. Absolute Wohltat, wenn einem mal wieder der Kopf platzt. Und eine Steilvorlage für einen coolen Konter bei nervigen Anfragen: Nein, ich mach’s nicht.
Die Alkocops » Freiburger Nächte
Craftbiertrinker, Influencer, Mark Forster: Auf der neuen Scheibe verhaften die Alkocops musikalisch so manchen Trend und Tunichtgut. Und sie sprechen aus, was viele Freiburger·innen denken: „Gestern machte hier erst ein Späti auf, und heute ist die Anzeige schon raus / In Freiburg wird es nachts einfach still, weil der Anwohner es eben so will“, grölt das Quintett über genreübliches aber eingängiges Gitarrengeschrammel ins Mikro. Bitte mehr davon.
Isabelle Gaultiér » Riot
Isabelle Gaultiér hat eine klassische Ausbildung am Klavier genossen. Zur elektronischen Tanzmusik kam sie durch ihren Bruder, ebenfalls DJ. Mit „Riot“ probt Gaultiér jedoch nicht den Aufstand und bleibt ihrer musikalischen Färbung treu. Und die ist angenehm dunkel: dröhnend, verspielt und doch minimalistisch. Auf Vocals oder Samples wird verzichtet. Der Kopf nickt, die Füße stampfen. Mission erfüllt.
Kasi & Antonius » Leicht beschwipst
Der Freiburger Indie-Newcomer Kasi bringt zusammen mit seinem Produzenten Antonius verträumte Alltagsgeschichten, ein bisschen Melancholie und sanfte Gitarrenriffs zusammen. „Leicht beschwipst“ fühlt man sich beim Hören tatsächlich ein wenig – vor allem durch die Kombination aus Realität im Text und Nostalgie in den Klängen. Auch das Musikvideo wirkt so nahbar wie ein Vlog aus einer WG in der Nachbarschaft.
Miro Lange » Ocean
Mit ruhigen, fast spirituellen Klängen trägt Komponist Miro Lange durch seine Single „Ocean“ – perfekt für Entspannung und Meditation. Die Referenz eines idyllischen Ozeans erschließt sich schon nach den ersten Klängen. Und Lange ist nicht nur Musiker, sondern auch Fotograf – vielleicht ist dieser Bezug zu visueller Kunst sein Geheimrezept für den lebendigen Klangteppich, der vor dem inneren Auge entsteht.
Willman » Cool war ich nie
Will man, oder will man nicht? Bei dem neuen Track des Duos Willman gibt es auf diese Frage nur eine Antwort: Ja, man will. Eine kritische Sicht auf Normen der Gesellschaft und eine ordentliche Portion Selbstliebe verleiht dem tanzbaren Elektropop mit Rap-Elementen Tiefe. Die beiden nehmen die neue Single „Cool war ich nie“ diesen Herbst und Winter mit auf ihre erste Headliner-Tour durch Deutschland.
Zimmer90 » feel like we used to
Feels like Schaukeln am See. Körnige Fotos, Kaktus-Eis. Über der Single liegt der Nostalgie-Filter. Der Bass passt. Die Stimme haucht. Ein feiner Synthie im Refrain – mehr braucht’s nicht. Finn Gronemeyer und Joscha Becker lassen uns fühlen wie früher, als es einfach war und unbeschwert. Die Single gibt Hoffnung, dass es irgendwann wieder so wird. Macht den Anfang: einfach mal wieder über einen Baumstamm balancieren.
Die Weltbildhauer:innen » Lila Latzhose
Gute Laune! Ab dem ersten Bass-Dudeln hat man schon ein Grinsen im Gesicht. Wenn dann die Band einsetzt, ist es eh um einen geschehen. Die Weltbildhauer:innnen liefern feinsten Indie-Funk inklusive eingängigem Posaunen-Riff und treibenden Drums. Textlich eine Ode an die lila Latzhose. Kontostand, Sternzeichen, Frisur: alles scheißegal. Der Sänger will eine Frau mit violettem Beinkleid. Die Hörer·innen aber: wollen tanzen.
El Flecha Negra » Tributo a lo criollo
Tracks des Jahres mal zwei: „Tributo a lo criollo“ umfasst gleich zwei Songs. Der erste kommt als Walzer daher: glasklare Gitarre, klappernde Kastagnetten. Im Musikvideo sitzen El Flecha Negra mit der peruanischen Band Los Criollos bei Rotwein in der Tapasbar La Pepa. Im kürzeren zweiten Song spielen die Blasinstrumente auf. Beide Tracks sind den Kreolen und afro-peruanischer Musik, Tradition und Kultur gewidmet.
Karl from Home » Gold
Das im Juni erschienene Debütalbum der One-Man-Band Karl from Home ist die Chronik einer depressiven Lebensphase: Mit 27 Jahren zieht ein desillusionierter Multiinstrumentalist aus Hamburg zurück zu seinen Eltern in die südbadische Provinz – und verarbeitet diesen „Rückschritt“. Die Single „Gold“ glänzt mit verträumt-melancholischen Klängen und Klagen und zarten Synthies. Gelungener Blick nach innen.
Anhören
- Alle Songs zum Nachhören gibt’s in der Spotify-Playlist „Freiburgs Tracks des Jahres 2024“
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- Was bisher geschah: Freiburgs Tracks des Jahres 2018 | 2019 | 2021 | 2o22 | 2023
Die Jury
Name: Till Neumann
Jobs: chilli-Redakteur und Musiker
Hört gerne: HipHop, Soul, Urbanes
Ist allergisch auf: Schlager und schlechte Texte
Name: Philip Thomas
Jobs: chilli-Redakteur
Hört gerne: Elektro und Techno
Ist allergisch auf: Deutsch-Pop und Nazis
Name: David Pister
Jobs: chilli-Redakteur
Hört gerne: Punk, HipHop, Alternative Rock
Ist allergisch auf: Dubstep, Drum and Bass
Name: Mia Zaepernick
Jobs: Studentin & chilli-Autorin
Hört gerne: Indie, Rock, Alternative
Ist allergisch auf: Diskriminierenden Deutschrap und Schlager
Hinweis: Die Redaktion kürt die Songs mit Blick auf Qualität, aber auch auf Diversität. Die Juror*innen vergeben Punkte, die addiert werden. Bei Gleichstand bekommt ein Act mit diverser Besetzung den Vorzug.
„Wo sind die Musikerinnen?“ Kollektiv fordert Diversitäts-Quote