Heiterer Film über die Balanceakte im Literaturzirkus: Der geheime Roman des Monsieur Pick Kinonews | 20.12.2019 | Erika Weisser

Die Verlagslektorin Daphné und ihr Liebster, der noch unbekannte Autor Frédéric, sitzen gebannt vor dem Fernseher, es läuft gerade die Literatursendung von Jean-Michel Rouche. Als der gleichermaßen verehrte wie gefürchtete Kritiker den in Daphnés Verlag erschienenen Debütroman Frédérics mit demonstrativer Nichtbeachtung auf den Stapel der nichtlesenswerten Bücher befördert, sind sie niedergeschmettert. Zu Recht: Der wortlose Verriss des einflussreichen Feuilletonisten hat zur Folge, dass das frisch gedruckte Werk kaum Absatz findet und irgendwann zu Recycling-Papier verarbeitet wird.

Zwar schreibt Fred bereits eifrig an einem neuen Buch, doch der ehrgeizigen Daphné ist klar, dass es, selbst bei hoher literarischer Qualität, ihren Verlag nicht retten wird: Wer bei Rouche einmal durchgefallen ist, hat ausgespielt. Also sucht sie fieberhaft nach anderen, verheißungsvolleren Werken. Fündig wird sie ein paar Monate später – ausgerechnet in ihrem bretonischen Heimatdorf Finistère: Als das junge Paar Daphnés Vater auf der malerischen Halbinsel besucht, erzählt dieser ihnen von einer Bibliothek der zurückgewiesenen Bücher, die der inzwischen verstorbene Buchhändler des Orts in seinem Keller eingerichtet habe.

Von Neugier und Erfolgszwang getrieben, stattet sie dem Etablissement einen Besuch ab – und entdeckt das offenbar einst verpönte Manuskript des ebenfalls bereits verstorbenen Pizzabäckers Henri Pick. „Die letzten Stunden einer großen Liebe“ lautet sein Titel – und die geübte Lektorin entdeckt ziemlich schnell, dass hier ein großer Romancier am Werk war. Mit der Zustimmung von Picks Witwe und ihrer Tochter Joséphine bringt ihr Verlag das Buch heraus; es wird ein Riesenerfolg und stößt bei Kritikern und Lesern auf außerordentliches Wohlwollen. Auch bei Rouche. Bis sich bei ihm das erste Misstrauen gegenüber der allzu wundersamen Story vom puschkinesken Literaten regt, der nie auch nur ein einziges Buch gelesen hat.

Er macht seine Zweifel öffentlich – und verliert Ehefrau, Job und Ansehen. Da er nun endlos Zeit hat, beginnt er mit akribischen Ermittlungen, bei denen er einige eklatante Ungereimtheiten aufdeckt – und in Picks sehr belesener Tochter Joséphine eine unerwartete Komplizin findet. Ein heiterer Film über den Literaturzirkus und seine Hinter- und Abgründe.

Der geheime Roman des Monsieur Pick
Frankreich 2018
Regie: Rémi Bezançon
Mit: Fabrice Luchini, Camille Cottin, Alice Isaaz, Hanna Schygulla u. a.
Verleih: Neue Visionen
Laufzeit: 111 Minuten
Start: 26. Dezember 2019

Fotos: © Neue Visionen