Kein Sex, nur kuscheln: Schmusepartys in Freiburg STADTGEPLAUDER | 24.04.2017

Kuscheln ohne Liebe und mit fremden Menschen – geht das? Es wird gestreichelt, geschmust und Händchen gehalten. Heilpraktikerin für Psychotherapie und Kuschelexpertin Sabine Zitelmann veranstaltet jeden Monat Kuschelpartys in Freiburg – die Nachfrage ist groß. chilli-Volontärin Valérie Baumanns ist dem Phänomen Kuscheloase auf den Grund gegangen.

Berührungen sorgen für ein gutes Körpergefühl: Die Bikini-Zone, Küsse oder Sex sind tabu.

Anfangs sitzen alle in einem Kreis auf dem Boden. Jeder ist in bequemen Klamotten gekommen, einen Dress-Code gibt es nicht. Zu Beginn von Zitelmanns Kuschelabenden stellen sich die Schmuselustigen kurz vor. Danach geht es auch schon direkt auf Tuchfühlung, denn während der Kennenlernübungen kommen sich alle näher. „In der Kuscheloase schaffen wir ein Rudel auf Zeit“, erklärt die gelernte Ergotherapeutin, die die Kuschelabende nun schon seit drei Jahren veranstaltet. Spielerische Berührungsübungen helfen in Kontakt mit dem eigenen Körper zu kommen und sich den anderen anzunähern.

Gefühle von Fremde verfliegen nach kurzer Zeit und es dauert nicht lange, bis sich alle auf einer großen Matte in der Mitte des Raums wiederfinden. Überall sind Hände, die massieren, streicheln und kraulen. Rücken an Rücken oder eng verschlungen. Zwei Hände greifen nacheinander und halten sich einfach nur fest. Wildfremde Menschen, die sich seit einer Stunde kennen, sind sich plötzlich ganz nah und kuscheln miteinander. In dem großen Raum herrscht eine wohlige Atmosphäre. Von erotischen Gefühlen fehlt hier jede Spur. Damit diese gar nicht erst entstehen, gibt es klare Regeln: Es wird angezogen gekuschelt, Berührungen in der Bikinizone, Küsse oder Sex sind tabu.

„Niemand muss mit jemandem kuscheln, bei dem es sich nicht gut anfühlt. Ja und Nein zu sagen und es auch zu akzeptieren, ist grundlegend“, macht Zitelmann zu Beginn eines jeden Abends klar. „Wenn ich am Anfang des Abends die Kuschelregeln erkläre, heißt das nicht, dass Sex schlecht ist, sondern es ist nur nicht das, was an dem Abend passieren soll.“

Die Idee, Kuschelpartys zu veranstalten, entstand 2004 in New York. Damals entwickelten der Sexualtherapeut Reid Mihalko und seine Partnerin Marcia Baczynski ein Konzept, um Paare wieder dazu zu bringen, sich zu berühren, ohne gleich an Sex zu denken. „Kuscheln und Sex ist wie Essen und Trinken. Man braucht beides, und die Übergänge sind oft fließend“, erklärt Sabine Zitelmann.

Sabine Zitelmann: Seit drei Jahren gibt‘s die Kuscheloase.

Trotzdem gehe es bei den Kuschelabenden nur um Berührung und Entspannung. „Ich bin Single und für mich sind die Kuscheloasen eine gute Möglichkeit, Berührung zu erleben“, erklärt Anita*, eine Teilnehmerin, die regelmäßig dabei ist. Auch Sina* beschreibt sich als einen haptischen Menschen: „Ich berühre gerne und lasse mich gerne berühren. Die Kuscheloasen finden in einem geschützten Raum statt und alle, die dort sind, kommen aus dem gleichen Grund.“

Im Kuschelraum gibt es immer zwei Matten. In der Mitte wird zu zweit, zu dritt oder auch im Rudel gekuschelt. Ein bisschen abseits liegt die Auszeitmatte, die nur selten zum Einsatz kommt. „Ein älterer Mann hat mich mal gefragt, ob er mich küssen dürfe. Das war mir sehr unangenehm“, erzählt Sina von ihrem Erlebnis mit der Matte im Abseits, auf der nicht gekuschelt wird.

Nach knapp drei Stunden neigt sich der Abend dem Ende zu. Bevor es wieder hinaus in die Welt geht, erzählen alle in einer kurzen Mitteilungsrunde von ihrem Kuschelerlebnis. Als Sina nach Hause geht, fühlt sie sich sehr erfüllt, entspannt und vor allem glücklich. Sie kommt wieder.

Text: Valérie Baumanns / Foto: © iStock.com/AleksandarNakic; vba

*Name von der Redaktion geändert

Infos

Kuscheloase Freiburg
Raum der Stille, Stadtteilzentrum Haus 037, Freiburg-Vauban
Kosten: 20 Euro (17 Euro bei verbindlicher Anmeldung)
Per Mail: info@sabine-zitelmann.de
www.sabine-zitelmann.de