Zwei Studentinnen über zwei Jahre Corona-Studium Jobstarter | 28.04.2022 | Johanna Stortz und Maja Bruder

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg War lange nahezu menschenleer: die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Studium heißt pauken, aber auch Kontakte knüpfen und feiern. Wie gut kann das klappen, wenn man zwei Jahre kaum Kontakt zu anderen hat? Die Freiburger Studentinnen Johanna Stortz (18) und Maja Bruder (21) haben das erlebt. Im Karriere & Campus berichten sie, wie hart das war – und warum sie es trotzdem gepackt haben.

Johanna Storz

Kam vom Abitur nach Freiburg ins Corona-Studium: Johanna Stortz

Als Ersti ins Corona-Semester

Ich habe im Sommer 2021 mein Abitur gemacht. Im Herbst desselben Jahres habe ich mein Studium (Philosophie und Kunstgeschichte) an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg begonnen. Ich bin also direkt aus der Schule an die Uni gekommen. Für mich hat mit meinem Studium ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Eine neue Stadt, neue Leute, Neues, was es zu lernen gab. Zwar bin ich voller Vorfreude in mein erstes Semester gestartet, aber ich war mir auch darüber bewusst, dass manches eine Herausforderung darstellen würde. 

So kam es auch: Während man als Ersti mit den üblichen Standards an der Uni wie den Prüfungsordnungen, dem Erstellen des eigenen Stundenplans etc. konfrontiert wird, kam die gesamte Corona-Situation dazu. Ich kam also an die Uni und habe so gut wie keinen gekannt. Die Corona-Situation hat das Kennenlernen neuer Leute keineswegs erleichtert. 

Nur wenige Veranstaltungen haben bei mir vor Ort stattgefunden. Die gesamten Vorlesungen wurden online angeboten, sodass ich gerade einmal an zwei Tagen tatsächlich auf den Campus musste. In den Präsenzkursen saß man mit einem Abstand von 1,5 Metern zu seinen Kommiliton·innen. Man konnte also auch nicht einfach durch „Zufall ins Gespräch kommen. Dazu kamen dann noch die Masken.

Die meiste Zeit hat man sich gar nicht richtig gesehen. Wenn man dann mal jemandem aus seinem Kurs draußen begegnet ist, war man sich anfangs nie sicher, ob das nun auch wirklich die Person aus seinem Kurs war. Für manche mag das nun vielleicht nach kleinen, unbedeutenden Problemchen klingen. Ich aber habe in dem halben Jahr gemerkt, wie wichtig soziale Kontakte an der Uni beziehungsweise allgemein in einer neuen Umgebung sind. 

Ich habe mich glücklicherweise relativ schnell an den Unialltag gewöhnt. So musste ich lernen, mit der Corona-Situation umzugehen. Ich hatte aber auch das Glück, dass ich in Kunstgeschichte mehrere Exkursionen hatte, bei denen man die Möglichkeit hatte, seine Kommiliton·innen doch besser ken-nenzulernen. Mit der Zeit habe ich somit gelernt, richtig mit der Situation umzugehen und habe auch so immer mehr Kontakte an der Uni knüpfen können. 

Ein kleiner Tipp, vor allem für eher ruhigere Personen: Geht auf Menschen zu, integriert euch in Gespräche. Es ist einfacher gesagt als getan, aber es ist wirklich einen Versuch wert! Das Einzige, was ich persönlich doch sehr schade fand, war, dass zur Mitte des Semesters die Veranstaltungen in Präsenz und online-Unterricht aufgespalten wurden, weil ungeimpfte und nicht genesene Kommiliton·innen nicht mehr an die Uni durften. Hier hätte ich mir eine einheitliche Lösung gewünscht. Auch Freunde von mir konnten deshalb nicht mehr am Präsenzunterricht teilnehmen. 

Gerade im ersten Semester kann das sehr belastend sein – für die Betroffenen zu Hause wie auch für diejenigen, die ohne ihre Freunde an der Uni waren. Zusammengefasst kann ich sagen, dass mein erstes Semester an der Uni eine Herausforderung war. Nicht vom Lernen her, sondern von dem Ganzen drumherum. Ich habe gemerkt: Ob wir uns wohlfühlen oder nicht, hängt viel von sozialen Kontakten ab – nicht nur an der Uni.

Maja Bruder

Hat ihren Bachelor unter widrigen Umständen gemacht: Maja Bruder

Bachelorabschluss ohne Vorlesungen

Ich bin in den Genuss eines normalen Studentenlebens gekommen – für ein Jahr. Danach fing die Pandemie an. Nun habe ich meine Bachelorarbeit abgegeben, ohne in zwei Jahren auch nur eine richtige Vorlesung besucht zu haben. Ähnlich wie Johanna begann ich mein Studium (Medienkulturwissenschaft und Englisch) an der Uni Freiburg direkt nach dem Abitur im Jahr 2018. 

Unser Semester startete mit Bar-Touren, Kennenlernspielen und einem Hüttenwochenende. Ich hatte mich gefreut, neue Leute kennenzulernen. Allerdings habe ich mir keinen Stress gemacht. Schließlich liegen ja drei Jahre Studium, Partys und Spaß vor mir, richtig? Falsch. 

Ab März 2020 fanden alle Seminare und Vorlesungen online statt. Im Sommer saß jede·r mit Laptop im Garten und hat den Professor·innen mal mehr, mal weniger gut zugehört. Ein Jahr später: Die Zahlen gingen runter, die Hoffnung auf Präsenzunterricht stieg. Pustekuchen. Man hat sich als Studierende uninformiert gefühlt. Auch die Professor·innen wussten nicht so richtig Bescheid. Die Frustration war beiden Seiten anzumerken. Kurse, die normalerweise von Präsenzunterricht leben, wurden trocken über Zoom oder Big Blue Button gemeistert. 

Mein Highlight im Sommer 2021 war es, zweimal eine Vorlesung mit drei anderen Menschen zu besuchen. Das Unverständnis wuchs immer weiter. Warum konnte ich samstagabends mit 500 Leuten Schulter an Schulter im Hans-Bunte raven, aber montagmorgens nicht mit zehn Leuten in einem Seminarraum sitzen? 

So verging auch der zweite Pandemiesommer. Ich begann im Oktober meine Bachelorarbeit in der Unibibliothek zu schreiben, die mit Hilfe eines Zählersystems überwachte, wann das Besucherlimit überschritten war. So durfte man sich mittags oft darauf einstellen, 30 Minuten anzustehen, bis es weiter ans Arbeiten ging. Termine mit meinem Professor konnte ich live wahrnehmen, das war der einzige Unikontakt, den ich noch hatte. So beende ich mein Studium und fühle mich seit zwei Jahren nicht mehr als „richtige“ Studentin. Breakoutrooms auf Zoom bereiteten den meisten Panikattacken. Wenn ich eine Präsentation gehalten habe, fühlte ich mich eher, als würde ich mit mir selbst sprechen (was allerdings bei Aufregung hilft). Das führt auch dazu, dass ich Real-Life-Präsentationen überhaupt nicht mehr gewohnt bin. 

Das war jetzt viel Rumgemecker. Andere werden durch Online-Semester viel stärker psychisch belastet als ich. Deshalb zu den positiven Dingen: Ich denke nicht, dass ich durch das Onlinesemester viel weniger gelernt habe. Das liegt vor allem an meinem Studiengang mit wenig Prüfungen und vielen Hausarbeiten. Dadurch verbringe ich sowieso viel Zeit am Laptop und muss nicht stur Powerpoints auswendig lernen. Meine Bachelorarbeit war auch so interessant zu schreiben. Mein Professor hat sich große Mühe gegeben, erreichbar zu sein. Die Phase war somit völlig okay, ich fühle mich nicht im Rückstand.

Deshalb würde ich sagen, dass mein Studium in Ordnung war. Ich fühle mich aber definitiv eines Großteils meines Studentenlebens beraubt. Das Leben besteht aber nicht nur aus Studieren. Spaß kann ich jetzt immer noch haben. Wer weiß, vielleicht ist die Pandemie ja vorbei, wenn ich mal irgendwann einen Master machen sollte.

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