Mehr als nur Katzen streicheln: Julia ist Tierphysiotherapeutin – eine besondere Herausforderung Schule & Lernen | 03.01.2024 | Anke Danerks (dpa)/BZ

Julia Neumann

Tierphysiotherapeut ist kein staatlich anerkannter Beruf. Ein Fehler, findet Julia Neumann, die als selbstständige Tierphysiotherapeutin arbeitet. Denn es gehört viel Know-how dazu. Im Job-Protokoll berichtet die 33-Jährige, was ihren Joballtag ausmacht – und warum Tiere zu behandeln eine besondere Herausforderung ist.

Mein Weg in den Job

„Ich bin mit Tieren groß geworden und wollte schon als Kind allen Tieren helfen. Beruflich habe ich aber zunächst einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Ich habe Modedesign studiert und als Tänzerin und Schauspielerin gearbeitet. Irgendwann ist mir klar geworden: Ich möchte gerne auch beruflich etwas mit Tieren machen. Also habe ich mich dazu entschlossen, eine Ausbildung zur Tierphysiotherapeutin zu machen. Vor anderthalb Jahren habe ich mich dann mit meiner Praxis ‚Tierisch Julia‘ selbstständig gemacht. Ich behandle gerne ganzheitlich und habe mich deshalb zusätzlich auf den Gebieten Ernährungsberatung für Tiere und Mykotherapie weitergebildet.

Die Ausbildung

Ich habe meine Ausbildung an einer privaten Akademie gemacht. Zwischen 4000 und 7000 Euro muss man für solch einen Lehrgang einplanen. Doch Tierphysiotherapeut ist kein staatlich anerkannter Beruf. Theoretisch kann sich jeder so nennen. Das ist ein großer Fehler. Denn es gibt ganz unterschiedliche Ausbildungen und viele schwarze Schafe auf dem Markt. Reine Online-Ausbildungen funktionieren nicht, da fehlt natürlich der Praxisbezug. Meine Ausbildung hat zwei Jahre gedauert. Die meisten unterschätzen diese Lehre. Man muss die Anatomie der Tiere studieren, jeden einzelnen Muskel im Körper kennen und die Zusammenhänge verstehen. Ein Hund kann vorne lahmen und der Grund dafür liegt in den Hinterbeinen. Man muss aber auch mit den Besitzern umgehen können. Und die Begrifflichkeiten sollten sitzen – für die Kommunikation mit den Tierärzten.

Meine Aufgaben

Ob Hund, Katze oder Pferd: Ich gucke mir das Tier ganz genau an und taste es komplett ab. Dabei gehe ich jedes einzelne Gelenk durch. So eine Erstanamnese dauert anderthalb Stunden. Am Ende komme ich zu einem Ergebnis und kann zu einem Spezialisten verweisen oder eine Therapie entwickeln. Wie in der Humanmedizin gibt es auch für Tiere Krankengymnastik. Dazu gehört eine passive Mobilisation der Gelenke oder eine aktive Trainingstherapie. Aber auch physikalische Therapieverfahren wie Elektrotherapie, Laser- oder Thermotherapie kommen zum Einsatz. Anders als bei Menschen kann man bei einem Hund nicht davon ausgehen, dass er sich hinlegt und mich machen lässt. Ganz häufig denken die Tiere beim ersten Termin, sie wären beim Tierarzt und bekommen Panik. Man muss sich auf jedes Tier individuell einstellen.

Gute und weniger gute Seiten

Das Allerschönste ist, wenn sich Patienten, die aufgegeben wurden, wieder erholen: Gelähmte Hunde etwa, die wieder laufen können. Das sind Momente, in denen man sich freut und auch stolz ist. Andererseits hat man natürlich viel mit kranken Tieren zu tun. Man versucht zu helfen und meistens wird es besser. Aber es gibt auch Fälle, die schwierig sind.

Gehalt und Aussichten

Es gibt ganz wenige Stellen in Anstellung. Tierphysiotherapeut ist eher ein Beruf, mit dem man sich selbstständig macht. Es kann zwei bis vier Jahre dauern, bis man davon leben kann. Manche betreiben den Beruf auch nur nebenberuflich. Verlässliche Zahlen zum Gehalt gibt es deshalb nicht. Die Nachfrage steigt. Wer sich reinhängt, kann es auch schaffen, sich damit selbstständig zumachen.“

Foto: © Markus Scholz (DPA)