„Knallt hier bestimmt rein“: Pinsa-Trend erreicht Freiburg Neuigkeiten | 19.07.2022 | Till Neumann

Setzen auf die trendige Pizza-Alternative: Igor Cakalic (links) und Giuseppe „Pino“ Russo von Ciao Pinsa in Freiburg

Es soll in Rom Pizzabäcker geben, die kaum mehr Pizza verkaufen. Ebenso in Frankfurt. Stattdessen ist Pinsa begehrter denn je. Auch Freiburger Gastrobetriebe setzen auf die gesündere Alternative zur Pizza. So zum Beispiel das Restaurant „Ciao Pinsa“ an der Egonstraße im Stühlinger. Das chilli hat sich dort angeschaut, warum Pinsa für manche als ernstzunehmende Konkurrenz zum italienischen Klassiker gilt.

„Da isst kein Mensch mehr Pizza“

„Das knallt hier bestimmt rein.“ Mit dem Gedanken hat Igor Cakalic 2021 seinen Kollegen Giuseppe „Pino“ Russo angehauen. Seine Idee: Gemeinsam die Pinsa nach Freiburg bringen. Cakalic kannte das angesagte Essen aus Frankfurt, wo er seit 15 Jahren ein Steakhouse betreibt. Freunde von ihm verkauften dort die Pizza-Alternative. „Das isst kein Mensch mehr Pizza“, schwärmt der 45-Jährige. Seine Logik: Wenn das da so gut ankommt, muss es in Freiburg auch klappen.

Seit Februar bieten sie in den Räumen des ehemaligen Späti-Nachtkiosks ihre Spezialität an. Mit dem Laden „Ciao Pinsa“ mussten sie schnell feststellen: In Freiburg besteht Erklärungsbedarf. „Das hat hier keiner gekannt“, sagt Cakalic. „Wir mussten uns den Mund fusselig reden.“ Doch die Geschichte der Pinsa erzählen sie gerne. Am besten sei eh, zu probieren. Das Duo ist überzeugt: „Die Leute wissen mit dem ersten Bissen, was geht.“

Hat weniger Fett und Salz als eine Pizza: die Pinsa – hier ein Exemplar von Ciao Pinsa.

72 Stunden für den Teig

Was Pinsa ist? „Die bessere Pizza“, titelte die Süddeutsche Zeitung im Mai 2020. „Quasi wie ein Vollkornbötchen“, sagt Russo. Denn im Unterschied zur Pizza verursache der Teig keine Blähungen. Der besteht in der Regel bei einer Pizza aus Weizenmehl, Wasser und Hefe. Bei der Pinsa jedoch aus einem Mehlmix (Soja, Reis, Weizen und Vollkorn), der zu Sauerteig wird. Außerdem bekommt der Teig jede Menge Wasser und Zeit: 24 bis 72 Stunden darf er meist arbeiten. So läuft das auch bei Ciao Pinsa: „Wir geben ihm mindestens 72 Stunden“, sagt Russo. Auch mit Dinkelmehl experimentieren sie mittlerweile.

Das lange Atmen führt dazu, dass der nicht mehr im Magen gärt – wie bei Pizzen oft der Fall, erklärt Cakalic. Da werde der Teig oft nach sechs Stunden verarbeitet – „eigentlich Körperverletzung“, betont der Gastronom. Man kenne das: abends auf der Couch, wenn man sich frage, ob man Steine gegessen hat.

Lieferant ist ein Schlitzohr

Mit ihrem Angebot sind die beiden längst keine Exoten mehr im Breisgau: So gibt es die Pinsen unter anderem bei Pinsamania, bei der Pizzeria Torino oder bei La Mucca. Sogar die Franchise-Kette Vapiano mit ihrer Freiburger Filiale verkauft keine Pizza mehr, sondern nur noch Pinse.

Stolz sind die Ciao-Pinsa-Betreiber auf ihr Mehl. Das erhalten sie als nach eigener Aussage als Einzige in der Stadt vom Pinsa-Erfinder Corrado Di Marco aus Rom. „Das beste Mehl“, sagen die Freiburger. Cakalic kennt den Mann über einen Weinhändler aus Frankfurt. Di Marco ist nicht nur Pinsa-Pionier, sondern auch ein Schlitzohr: Um sein Produkt zu pushen, schuf er die Legende, dass schon im alten Rom Pinse genossen wurden. Das entpuppte sich als Mythos, hat dem Ruf der Pinsa aber offenbar nicht geschadet.

Weniger Salz, Fett und Kalorien

Ob Pinsen das Potenzial haben, die Pizza zu überholen? „Wer Pizza liebt, wird auch Pinsa lieben“, sagt das Duo. Wenn die Pinsa gut gemacht werde, könne sie die Pizza zumindest in Teilen ablösen. Gesünder sei sie allemal: Weniger Fett und weniger Salz sind drin. Und so, die Ciao-Pinsa-Betreiber: „Rund 30 Prozent weniger Kalorien.“

Kürzlich seien italienische Urlauber bei ihnen gewesen. „Sie haben vier Tage nacheinander hier gegessen“, schwärmt Cakalic. Und ihnen gesagt: Sie kennen in ganz Rom keine bessere Pinsa.

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Fotos: © Till Neumann & Felix Groteloh

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