Neue Wege in die Pflege – Pflegecampus in Neu-Isenburg eröffnet Ausbildung & Arbeit | 19.03.2023 | Inka Jahn (epd)/BZ

Zwei Pfleger einr Männlich eine Weiblich stehen hinter einer alten Frau im Rollstuhl. Hand in Hand in Sachen Pflege: Während ihrer Ausbildung erlernen die Berufsneulinge alle Basics.

Ein Pflegecampus lockt Auszubildende aus aller Welt nach Deutschland und bietet ihnen eine kompetente Ausbildung inklusive Sprachschule.

Neun junge Erwachsene aus sieben Nationen verbindet ein gemeinsames Ziel: Sie wollen in Deutschland zur Pflegefachkraft ausgebildet werden. Ein passendes Gesamtpaket und den Austausch mit Gleichgesinnten finden sie im hessischen Neu-Isenburg.

Denn: In Deutschland wohnen, in Deutsch­land arbeiten, in Deutschland bleiben – davon träumen die Brasilianerin Leticia Borges, der Syrer Mustafa Sultan und die Kirgisin Cholpon Urustemova. Als Auszubildende an einer Krankenpflegeschule wollen die drei jungen Erwachsenen diesen Traum wahr werden lassen. Sie sind Teil eines Ausbildungskonzepts, das ihnen auf dem Pflegecampus Theorie, Praxis, Sprachschule und eine Unterkunft bietet.

Die 22 Jahre alte Urustemova war schon vor ihrem Ausbildungsstart in Deutschland: „Ich habe bei einer Familie in Mainz als Au-pair gearbeitet und währenddessen Deutsch gelernt“, erzählt sie. In Russland, wo sie mit ihrer Familie zuletzt lebte, machte sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau. „Bei uns entscheiden die Eltern, was die Kinder machen sollen, und bei uns arbeiten alle in diesemBereich – ich sollte das also auch machen.“ Die junge Frau wollte jedoch in die Medizin und kam deshalb nach Deutschland. Nach ihrem Abschluss als Pflegefachkraft will sie studieren. In der Zukunft sieht sie sich in der Onkologie. Was sie auf diesem langen Weg antreibt, erzählt Urustemova: „Mein Opa ist an Krebs gestorben. Zuvor hat er eine falsche Diagnose bekommen. Das sollte niemandem passieren.“

Begonnen haben die Auszubildenden mit einer Theoriephase auf dem Campus, auf dem sie zunächst auch gewohnt haben. Nun sind viele in ihre eigene Wohnung gezogen und begleiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste. „Die Patienten sind sehr nett und vor allem sehr geduldig“, erzählt die 24 Jahre alte Borges. Der Umgang mit ihnen sei ihr nicht fremd, denn schon in Brasilien habe sie eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, diese jedoch abgebrochen. „Noch ist das Fachliche nicht mein Problem, schwerer ist die Sprache“, sagt sie.

Seit die angehenden Pflegekräfte arbeiten, haben sich ihre Sprachkenntnisse verbessert, erzählt die Pflegedienstleiterin Alma Nieto: „Man merkt einen deutlichen Unterschied. Aber auf ein Gespräch mit den Patienten müssen sich die Auszubildenden erst einmal einlassen.“ Auch Nieto kam für ihre Pflege-Ausbildung von Spanien nach Deutschland, kennt die Situation ihrer Schützlinge. „Ich sage ihnen immer wieder, dass es sehr schwierig ist, aber dass man es schaffen kann. Das Wichtigste ist die Sprache.“

Dass die Ausbildung trotz Pandemie starten konnte, freut den geschäftsführenden Gründer der Krankenpflegeschule, Tilman Frank: „Unsere Auszubildenden scheinen zufrieden.“ Zwar habe sein Unternehmen „Talent Orange“ viel Erfahrung in der Rekrutierung von bereits ausgebildeten Menschen, die Auswahl der neuen Auszubildenden unter Corona-Bedingungen stellten Frank und sein Team jedoch durchaus vor Herausforderungen: „Wir mussten die jungen Leute über Online-Bewerbungsgespräche davon überzeugen, dass wir kein dubioses Programm sind, sondern dass sie hier kompetent ausgebildet werden und für ihre Arbeit auch Geld bekommen.“

Weil das Konzept neu ist, konnten Bewerberinnen und Bewerber nicht auf Erfahrungsberichte von Vorgängern zurückgreifen, was die Überzeugungsarbeit zusätzlich erschwert habe. „Was wir hier momentan gemeinsam machen, bedeutet also Vertrauensvorschuss von beiden Seiten. Der Start ist uns nun ja schon gut gelungen“, zeigt sich Frank zuversichtlich.

Foto // Karin & Uwe Annas (stock.adobe.com)