Recycling mit Licht: Ausgezeichnete Forscherin will Plastik aufbereiten KARRIERE & CAMPUS | 01.11.2021 | Till Neumann

Chemikerin Céline Calvino im Labor Chemikerin Céline Calvino (31)arbeitet seit Januar in Freiburg.

Können UV-Wellen das Plastikmüllproblem auf der Erde bekämpfen? Das möchte Céline Calvino herausfinden. Die 31-Jährige arbeitet seit Januar an der Universität Freiburg. Im Exzellenzcluster livMatS will die weitgereiste Schweizerin neue Wege beschreiten. Schon jetzt gab’s die erste Auszeichnung. 

Gerade mal zehn Monate ist Calvino Nachwuchsgruppenleiterin und Principal Investigator an der Uni Freiburg. Die Laborarbeit hat sie größtenteils gegen Projektmanagement eingetauscht. Leicht fällt ihr das nicht immer, erzählt sie auf Englisch in ihrem Büro an der Technischen Fakultät. Doch die Vision, mit Licht zu recyceln, treibt sie an.

Wie sehr sie für die Forschung brennt, wird klar, als sie ihre Ideen mit einem Schaubild erklärt: Sie möchte Moleküle so modifizieren, dass sie bei Bestrahlung brechen und wieder zusammengehen können. Sie sollen dann in Polymerketten (Plastik) gesetzt werden. So will sie Materialien kreieren, die nahezu ohne Qualitätsverlust repariert, geformt oder recycelt werden können. „Controlled breaking and forming of chemical bonds“, nennt sie das. Chemische Verbindungen aufbrechen, um etwas Neues zu schaffen. Und das mit Hilfe von Licht. Schwer recycelbare Kunststoffe sollen so verzichtbar werden.

Moleküle in Reagenzgläsern, die auf UV-Wellen reagieren

Im Labor: Calvino arbeitet mit UV-Wellen, Moleküle reagieren darauf unterschiedlich.

Aufgewachsen ist die Chemikerin in der Schweiz, promoviert hat sie in Fribourg, als Postdoktorandin war sie in Chicago. Interviews gibt sie in Englisch, Spanisch oder Französisch. Deutsch lernt sie parallel zum Fulltimejob. Der geht auch mal bis in die Nacht. 

Viel Wissen gibt es in dem Bereich noch nicht, berichtet Calvino. Bisher werde Plastik beim herkömmlichen Recycling beispielsweise erhitzt – und dabei beschädigt. Aus einer Flasche könnten so Fasern für Klamotten werden, aber eben keine neuen Flaschen. Das möchte Calvino ändern. 

Für ihre Arbeit fehlt ein Photoreaktor. Damit könnte sie intensiver Molekülreaktionen auf UV-Wellen erforschen. 30.000 Euro kostet ein solches Gerät. Für die Finanzierung hat Calvino einen Förderantrag bei der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg gestellt. Der hat so überzeugt, dass sie die beantragten 5000 Euro erhalten hat und mit dem „Horst-Freisler-Projekt“ ausgezeichnet wurde. Das bringt weitere 1000 Euro und Sichtbarkeit. 

Ideen hat sie viele und die Zeit ist knapp. Fünf Jahre geht ihr Vertrag. Calvino ist überzeugt: „Wahrscheinlich werde ich ein Leben lang in dem Bereich forschen.“ Erste anwendbare Ergebnisse mit Lichtrecycling hält sie in rund zehn Jahren für möglich.

Fotos: © tln