Freiburger Filmforum versteht sich als Festival des transkulturellen Kinos Kinonews | 07.06.2019 | Erika Weisser

Der voll besetzte Zug rollt durch Tansanias staubige Steppe, er ist auf dem Weg vom bergigen Norden des Landes nach Daressalam am Indischen Ozean. Drei Tage und Nächte ist er unterwegs; Zeit genug für die in drei Klassen reisenden Fahrgäste, sich ausgiebig über die Dinge des Lebens auszutauschen – und die Zuschauer auf besondere Weise mit einzubeziehen.Der alte Massai Isaya, der mit seinem Enkel William auf dem Weg in dessen neue Heimat ist und zum ersten Mal auf der Holzbank einer Eisenbahn sitzt, findet, dass es sich anfühlt wie auf einem Esel. Und während sich der Zug holpernd voranbewegt, freuen sich die beiden, dass sie noch eine so lange Strecke voller Erlebnisse vor sich haben.

Mit dieser Bahnreise durch die ostafrikanische Gegenwart wird das dies-jährige Freiburger Filmforum im Kommunalen Kino eröffnet – am 28. Mai, 19 Uhr, in Anwesenheit des Regisseurs, dem holländischen Filmemacher Jeroen van Velzen. „Tanzania Transit“ hat er den 2018 gedrehten Film genannt, der Menschen aus ganz unterschiedlichen kulturellen Zusammenhängen miteinander in Kontakt bringt. Name und Inhalt des Eröffnungsfilms korrespondieren bestens mit dem neuen Label des Filmforums: Festival for Transcultural Cinema. Mit diesem Zusatz, sagt Organisator Mike Schlömer, werde das Anliegen dieser seit 1985 alle zwei Jahre veranstalteten internationalen Filmwoche ziemlich genau formuliert: „Einseitige Perspektiven und Grenzziehungen aufzuheben und sie in alle Richtungen zu überschreiten.“

Junge Talente treffen auf „alte Hasen“ der internationalen Filmemacherszene

Unzählige Filme hat das Team um Schlömer in den vergangenen Monaten gesichtet; etwa 30 Kurz- und Langfilme aus 22 Ländern wurden ausgewählt. 25 Gäste aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Ozeanien werden ihre Produktionen präsentieren und Freiburg einmal mehr zu einem Zentrum des internationalen Filmschaffens machen. Ehrengast ist in diesem Jahr die norwegische Ethnologin und Filmemacherin Lisbet Holtedahl, die seit 1982 in Kamerun forscht. Sie bringt zwei Filme mit: „Wives“, der seltene Einblicke in die internen Beziehungen einer polygamen Familie bietet, und „Le Château“, das Porträt eines superreichen Kameruner Industriellen.

Neben der Student’s Platform mit einer Auswahl an Debüt- und Abschlussfilmen junger Talente und einer Reihe aktueller Filme geht es um zwei Schwerpunkte: Fortschritt und Verdrängung sowie die Kontinuität kolonialistischer Denkweisen. Die Filme zum ersten Themenkomplex beschäftigen sich mit expandierender Industrialisierung und der fortschreitenden Erschließung ländlicher Räume, im zweiten geht es unter anderem um die bis heute währende Enteignung von Kult- und Kulturgegenständen ehemals kolonisierter Völker. Dazu gibt es zum Abschluss, am Sonntag, 2. Juni, 11.30 Uhr eine Paneldiskussion mit Tina Brüderlin vom Freiburger Museum Natur und Mensch, Anette Rein, ehemals Leiterin des Weltkulturen Museums Frankfurt, und Albert Gouaffo, Professor für Germanistik und interkulturelle Kommunikation an der Universität Dschang/Westkamerun.

Info:

www.freiburger-filmforum.de

Foto: © SNG Film