Bedrohte Vielfalt: Das Hinterzartener Moor Natur & Umwelt | 05.05.2024 | Birgit Maier

Auf dem Bild ist eine Waldeidechse zwischen Moos zusehen.

Am östlichen Ortsrand des Kurortes Hinterzarten liegt ein bemerkenswertes Moorgebiet, das die Heimat vieler seltener Tiere und Pflanzen bildet. Dieses Moor ist ein bedeutendes Naturschutzgebiet und mit einer Gesamtfläche von 70 Hektar der größte Moorkomplex des Schwarzwaldes.

Der Grasfrosch ist im zeitigen Frühjahr einer der ersten Gäste und sorgt in den wassergefüllten Schlenken für Nachwuchs. Wird es im März dann etwas milder, erwachen auch die Waldeidechsen aus ihrer Winterstarre und lassen sich von der Sonne wärmen. Das 12 bis 18 Zentimeter große Reptil mag es etwas feuchter und kühler als seine Verwandten, weshalb Moorgebiete von ihm bevorzugt werden. Im April kann man die ersten Libellen bei ihren akrobatischen Flügen beobachten.

Die typischen Moorpflanzen, wie zum Beispiel der Fieberklee, entfalten ab Mai ihre Blüten. Diese Gewächse haben hier ihre eigenen Überlebensstrategien entwickelt und sich dem Mooruntergrund angepasst. Der Fieberklee hat sich unter anderem horizontale, unterirdische Sprossen zugelegt, um nicht im Schlamm abzusinken. Auch das Sumpfblutauge, dessen dunkelrote Blüten sich im Juni entfalten, kann man im Nassbereich des Moorquerweges beobachten.

Ein Fieberklee im Moor.

Anpassungskünstler im Moor: Wald­eidechsen und Fieberklee.

Sonnentau auf Beutefang

Hat man den Holzsteg überquert, befinden sich auf der Nordseite Feuchtwiesen, die in den Monaten Juni und Juli viele Orchideen zu bieten haben, wie zum Beispiel verschiedene Knabenkräuter. Außerdem kann man dort weitere geschützte Pflanzen, unter anderem das Sumpf-Herzblatt, entdecken. Im Moorzentrum ist der fleischfressende Sonnentau auf Beutefang. Er benötigt nasse, sehr nährstoffarme und saure Torfböden. Ebenfalls im lichten Moorzentrum ist die lichtbedürftige, kleinwüchsige, giftige Rosmarinheide zu beobachten. Auch die Rauschbeere ist hier zu Hause, die einzige Futterpflanze für die Raupen des Hochmoor-Gelblings. Die Falter laben sich dagegen am Nektarangebot zum Beispiel von Arnika oder Disteln auf den umliegenden Bergwiesen. Auch andere Hochmoor-Schmetterlinge und so seltene Arten wie der Große Schillerfalter, der Baumweißling oder der Schwalbenschwanz sind im Hinterzartener Moor beheimatet. Der Weißbindige Mohrenfalter, dessen Entwicklung zwei Jahre dauert, ist ebenfalls ein gern gesehener Besucher. Das Überleben dieser Schönheiten hängt von der Erhaltung der letzten Moorstandorte in Deutschland ab.

Ein Hochmoor-Gelbling auf einem Sumpfblutauge.

Ein Hochmoor-Gelbling labt sich am Nektar des Sumpfblutauges.

Filigrane Flugkünstler am ­Sommerhimmel

In den Sommermonaten bevölkert eine Vielzahl an Libellen den Luftraum über Hinterzarten. Im feuchten Klima des Moores gibt es für die verschiedenen Mosaikjungfern, die Smaragd- und Heidelibellen oder die anderen Flugkünstler genug Nahrung. Selbst der stark gefährdeten Kleinen Moosjungfer oder der Torf-Mosaikjungfer kann man hier noch begegnen. Beide Libellen sind typische Arten der Moorgebiete und wegen deren Zerstörung sehr selten geworden.

Wenn es im Herbst dann kühler wird und sich der berüchtigte Morgennebel aufgelöst hat, schimmern tausende kleiner Tautropfen in den unzähligen Spinnweben im Gras. Langsam wird es im Moor ruhiger. Am Moorquersteg kann man bei gutem Wetter noch einmal die knipsenden Töne des Männchens der stark gefährdeten Sumpfschrecke vernehmen, während sich die Torfmoose jetzt in verschiedenen Gelb-, Rot- und Brauntönen zeigen. An den Wegrändern leuchten die Fruchtstände von Heidel- und Preiselbeeren und die Besenheide zeichnet rosarote Farbtupfer in die Landschaft. Im Oktober kann es in Hinterzarten schon den ersten Frost geben. Die Waldeidechsen haben sich längst in die Winterruhe begeben, so lange, bis im nächsten Frühjahr das Moor wieder zu neuem Leben erwacht.

Fotos: © Birgit Maier