Genügsamer Frühsänger – Hausrotschwanz „Vogel des Jahres 2025“ Natur & Umwelt | 11.05.2025 | Reinhold Wagner

Er ist anspruchslos und ziemlich laut, gar nicht selten und für jedermann leicht zu erkennen: der Hausrotschwanz. Im vergangenen Oktober wurde der grazile Kulturfolger zum „Vogel des Jahres 2025“ gewählt. Er konnte vor Waldohreule und Schwarzspecht den Spitzenplatz erobern. Der Singvogel hat offenbar eine große Fanbase.
Gewählt wurde der auffällige Vogel mit dem rostroten Schwanz und der schwarzen Kehle in einer öffentlichen Online-Abstimmung, organisiert vom NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) und dessen bayerischem Partner, dem LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz). 143.390 Menschen haben mitgestimmt bei diesem Ranking, so viele wie noch nie. Etwas mehr als 30 Prozent der Stimmen entfielen auf den Hausrotschwanz.
Der relativ scheue und dennoch weithin bekannte, da sehr auffällige Vogel ist nicht besonders gefährdet, in Deutschland brüten nach Schätzungen des NABU alljährlich knapp eine Million Paare. Zu überhören ist er nicht, wobei sein Gesang an „Störgeräusche eines Fernsehers“ erinnert, wie es Alexandra Ickes, Artenschutzreferentin beim NABU Baden-Württemberg, beschreibt. Das Knirschen, Klappern, Röcheln und flötende Trillern ist schwer als Gesang zu deuten, doch durchaus ausdauernd, laut und einprägsam.
Was aber macht den Vogel dann so beliebt? Er genießt allgemein eine hohe Sympathie, da er sich gerne in der Nähe menschlicher Behausungen aufhält und durch sein Aussehen und Verhalten die Blicke auf sich zieht. Wer ihn nicht sofort an seinem leuchtend roten Schwanz erkennt, dem fällt in jedem Fall das andauernde Vibrieren und Zittern mit dem Schwanz und Knicksen der Beine auf. Es wirkt so, als würde der mit 14 Zentimetern Länge recht kleine Vogel damit die Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen. Doch warum er das wirklich tut, ist bis heute noch nicht erforscht.

Gut zu unterscheiden von den Männchen sind die etwas helleren Hausrotschwanzweibchen.
Scheuer Felsbewohner wird Menschenfreund
Der Hausrotschwanz war nicht immer ein Menschenfreund und Kulturfolger. Ursprünglich bewohnte er felsiges, schwer zugängliches Bergland und trug daher früher auch den Namen „Gebirgsrotschwanz“. Seine Heimat war und ist das Mittelmeergebiet und zieht sich hin bis nach Asien. Dort nistet er noch heute bevorzugt in Felsspalten und Höhlen. Dann aber stiegen die Temperaturen auch in unseren gemäßigten Breiten, und es zog den Insektenjäger mehr und mehr in menschliche Siedlungsnähe und bis nach Mittel- und Nordeuropa, wo er zumeist als Sommergast das wärmere Halbjahr verweilt, ehe es ihn erneut gen Süden zieht. Die beste Zeit, ihn bei uns anzutreffen, ist zwischen März und November.
Der Zugvogel zählt zu den absoluten Frühaufstehern. Schon gut eine Stunde vor Sonnenaufgang beginnt er seine „Arien“ – und endet erst nach Einbruch der Dämmerung. An Häusern sucht er sich gerne kleine Öffnungen und Nischen, nimmt aber auch dankbar Nistkästen an. Gebäudesanierungen aber lassen seine Brutplätze schwinden und machen es dem Vogel zunehmend schwer, Fuß zu fassen. Das allgemeine Insektensterben tut sein Übriges dazu. Noch ist der „Vogel des Jahres“ keine Seltenheit, aber die Wahl ist auch ein Appell, dass Kommunen, Städte und Gartenbesitzer auf Brut- und Futtermöglichkeiten des Kulturfolgers Acht geben sollten.

Perfektes Stadtgewand: Mit ihrem braun-grau gesprenkelten Gefieder sind die Jungtiere gut getarnt.
Info
Der „Vogel des Jahres“ wird in Deutschland seit 1971 gewählt – seit 2021 öffentlich.
Am 10. Oktober 2024 löste der Hausrotschwanz seinen Vorgänger, den Kiebitz, ab.
www.nabu.de