Schillernde Schönheit: Wildbiene des Jahres 2024 Natur & Umwelt | 15.08.2024 | Erika Weisser

Blauschwarze Holzbiene Die schillernde Blauschwarze Holzbiene liebt pollenreiche Blüten.

Sie ist eine auffallende Erscheinung: Die Wildbiene des Jahres ist vergleichsweise riesig, hat einen tiefschwarzen Körperpanzer und blau schillernde Flügel. In blütenreichen Wiesen an Waldsäumen ist diese Blauschwarze Holzbiene lange zu beobachten: Sie fliegt von März bis Oktober; im August gesellt sich die frisch geschlüpfte nächste Generation dazu.

Wer in diesen Tagen den Wildbienen-Lehrgarten in Freiburg-­Opfingen besucht, wird schon am Eingang von dem tiefen, lauten und doch sehr friedlichen Summen und Brummen empfangen, das die Luft erfüllt. Es stammt von den zahlreichen, in der Sonne metallisch und sämtlichen Violett- und Blautönen schimmernden Bienen, die munter die Holzbeigen umschwirren, die hier einst lose aufgestapelt und dann der Natur überlassen wurden. Die schillernden schwarzen Tierchen mit der kaum sichtbaren gelben Zeichnung am Körperende sind hummelgroß und größer; manche fliegen routiniert, andere wirken noch ein wenig taumelnd. Eine Wildbienenfamilie beim Ausflug am Spätsommertag?

Holzstämme mit Sägemehl vorne dran

Wenn die Bienen des Jahres die Nistgänge für ihren Nachwuchs in altes Holz bohren, fällt ein Haufen Sägemehl an.

Der Eindruck täuscht nicht: Die Blauschwarze Holzbiene, die von einem aus Vertretern mehrerer Naturschutzverbände zusammengesetzten Kuratorium zur Wildbiene des Jahres 2024 gekürt wurde, gehört zu den ganz wenigen Wildbienenarten, bei denen die Mütter das Schlüpfen ihres Nachwuchses noch erleben und ihn vor ihrem eigenen Tod auf den ersten Flügen ins Leben begleiten. Denn anders als die meisten wilden Artgenossen, die ebenfalls als staatenlose Solitärbienen leben, überwintern die Vertreter dieser Spezies nicht als Larven in ihrer Brutkammer, sondern als bereits erwachsene Weibchen und Männchen. Und dafür sammeln sie jetzt noch die überlebensnotwendige Energie, die ihnen die Herbstblütenpollen liefern.

Ans Licht der Welt

Im folgenden Frühjahr sind die Blauschwarzen Holzbienen dann zeitig unterwegs, je nach Temperatur und Blütenvorkommen manchmal sogar schon im Februar. Schließlich haben sie den anstrengenden Prozess der Verpuppung und des anschließenden Sich-ans-Licht-der-­Welt-Beißens schon im letzten Sommer hinter sich gebracht und können sich sofort auf Paarungs- und Nahrungsflug begeben. Die Paarung vollzieht sich denn auch gleich nach dem Verlassen der Winterquartiere, die die Tierchen in geschützten Hohlräumen wie Erdlöchern oder Mauerspalten finden.

Der vom Nabu Freiburg betriebene Garten in Opfingen bietet der größten und in Deutschland inzwischen weit verbreiteten Biene diese arterhaltenden Voraussetzungen. Und auch die großen Mengen von Totholzstücken, die sie benötigt, um die Nester für den Nachwuchs zu bauen. Oder besser gesagt – zu bohren: Zu diesem Zweck fräsen sich die befruchteten Weibchen etwa ab Mai regelrecht in abgestorbene Baumstümpfe oder unbehandelte Holzbalken hinein. Dabei produzieren sie nicht nur hohe Töne, die denen eines Zahnarztbohrers ähneln, sondern auch Unmengen von Sägemehl, das sie mit ihren kräftigen Hinterbeinen in hohem Bogen aus den frisch gehöhlten Brutgängen hinausstoßen.

Wildbienen-Lehrgarten in Opfingen

Die Speisetafel der Bienen: Im Wildbienen-Lehrgarten in Opfingen sichert eine Vielfalt früh- und spätblühender einfacher Wiesenblumen den natürlichen Fortbestand von mehr als 400 wilden Arten.

Mit den Resten der feinen Holzspäne und ihrem Speichel legen sie in diesen Gängen dann linienförmig hintereinander einzelne Brut­zellen an, hinterlassen darin jeweils ein Ei und eine ausreichende Fressmenge an Pollen. Danach verschließen sie die Zellen und überlassen sie sich selbst: Die jungen Brummer finden nach einer relativ kurzen Nistzeit den Weg ins Leben ganz alleine. Und es funktioniert: Die Blau­schwarze Holzbiene gehört zu denen, deren Bestand nicht gefährdet ist, sondern zunimmt.

Fotos: © ewei, iStock.com/Manoj pal