Mehr weibliche Innovation – Freiburger Verein will Frauen in Gründerbranche stärken Start-ups | 25.11.2023 | Pascal Lienhard

Sara Boukal Setzt sich für Frauen in der Start-up-Branche ein: Sara Boukal ist im Freiburger Verein Futur F aktiv.

Wenn sich nichts ändert, dauert es noch 131 Jahre bis zur globalen Gleichstellung von Mann und Frau. Das diesjährige Fazit des Weltwirtschaftsforums ist düster. Auf mehr Geschwindigkeit pocht der Freiburger Verein Futur F. Ziel ist es, mehr Frauen in die männerlastige Gründerbranche zu bringen. Dafür gibt es jetzt sogar ein Erfinderinnen-Memory.

Am 7. März war der diesjährige Equal Pay Day. Ohne Entgelt-Unterschiede hätten Frauen in Deutschland von Neujahr bis zu diesem Tag kostenfrei gearbeitet. Sara Boukal möchte den Tag am 1. Januar feiern – und das nicht erst in 131 Jahren.

Die 36-jährige Kulturwissenschaftlerin ist Co-Gründerin und Vorständin des Freiburger Vereins Futur F. Das Team organisiert seit 2019 Workshops, Lesungen und Events. Ziel ist es, Frauen fürs Gründen fit zu machen. „In Start-ups liegt die Frauenquote unter 20 Prozent, bei Existenzgründungen sind es etwa 40 Prozent“, berichtet Boukal. Dabei habe die grün-schwarze Landesregierung 2021 in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel vereinbart, die Zahl der Gründerinnen zu verdoppeln.

Gründe für mehr Diversität gebe es viele. Gerade bei Innovationen brauche es laut Boukal auch nicht-männliche Akteure. Beispielsweise orientierten sich Wissenschaftler bei der Herstellung neuer Medikamente am männlichen Organismus – mit zum Teil fatalen Folgen für Konsumentinnen.

Mit einem Memory spielerisch etwas über Erfinderinnen lernen

Zu den Angeboten von Futur F gehören kostenfreie Beratungsgespräche für Frauen, die mit dem Gedanken spielen, ein Business zu etablieren. Oft werde behauptet, dass Frauen weniger oder kein Interesse am Gründen hätten. Das sieht Boukal anders: „Eine große Hürde ist eher der Zugang zu Finanzierungsinstrumenten.“ Häufig stünden den Gründerinnen Rollen­klischees im Weg. „Frauen wird im Gespräch mit potentiellen Investoren recht offen gesagt, dass sie als Mütter nicht belastbar seien“, erklärt Boukal. Bei Männern werde die Vaterrolle dagegen nicht thematisiert: „Ihnen wird die Vereinbarkeit von Job und Familie nicht abgesprochen.“

Wichtig für ein erfolgreiches Start-up ist ein funktionierendes Netzwerk. Als Neuling sei es allerdings schwer, Zugang zu solchen Gruppierungen zu finden. Hier setzt die „Spätschicht“ von Futur F an: Zu den regelmäßigen Events kommen Gründerinnen aus Freiburg und dem Umland. Sie berichten von ihren Erfahrungen und bieten Möglichkeiten zum Austausch und zum Netzwerken. „Da sieht man, dass andere die gleichen Probleme umtreiben“, sagt Boukal. „Das hilft ungemein.“

Gerade erschienen ist das Erfinderinnen-Memory. Gemeinsam mit dem Kieler Unternehmen Spielköpfe präsentiert Futur F die Frauen hinter bekannten Erfindungen. „Wir wollen zeigen, dass es schon immer spannende Frauen gab“, erklärt Boukal. Dabei erleben selbst Fachleute Überraschungen. Wer kennt etwa Rosetta Tharpe, die viele spätere Rock nRoll-Musiker entscheidend beeinflusste? Oder Aina Wifalk, die den modernen Rollator erfunden hat?

Für kommendes Jahr steht bei Futur F ein Leadership-Programm an. „Es geht darum, wie man ein Unternehmen machtsensibel und reflektiert führen kann“, sagt Boukal. Viele Frauen berichteten, dass sie keine Führung übernehmen wollen, weil sie die üblichen Praktiken nicht vertreten. „Wir wollen Frauen bei einem neuen Führungsstil begleiten“, sagt Boukal.

Foto: © Silvia Wolf