Power für den Garten – Klimagärtnern mit Kohle Haus & Garten | 20.11.2024 | Heide Bergmann

Hand mit Kohle

Als fossiler Brennstoff ist Kohle angesichts des Klimawandels tabu. Aber als ­Verwertung von Grünabfällen, Baustein für Humusböden und CO2-Speicher hat ­Pflanzenkohle Potentiale, die bisher kaum bekannt sind. Hobbygärtnerinnen und -gärtner sind gerade dabei, sie zu entdecken.

Vor über 4000 Jahren schufen Ureinwohner auf den schlechten Böden im Amazonasgebiet eine extrem fruchtbare Erde mit meterdicker Humusschicht, die „Terra Preta“ (portugiesisch „schwarze Erde“). Diese Wundererde blieb bis heute erhalten. In den 1980er-­Jahren erforschten Bodenkundler ihr Geheimnis und fanden heraus, dass ihre wichtigsten Bestandteile Holzkohle und fermentierte organische Siedlungsabfälle sind, die im Boden vergraben wurden. Heute gibt es weltweit zahlreiche Forschungsprojekte zur Pflanzenkohle und ihrem Nutzen in der Landwirtschaft. Ihre Eigenschaften sind wirklich erstaunlich: Sie fördert nicht nur den Dauerhumus und wirkt gegen die Verarmung von Böden, sondern absorbiert, bis zum dreifachen ihres Eigengewichts, CO₂ aus der Atmosphäre.

Doch was ist Pflanzenkohle eigentlich? Pflanzenkohle entsteht aus Biomasse wie Holz- oder Garten-abfällen, die bei Temperaturen zwischen 400 und 800 °C weitgehend unter Luftabschluss verkohlt werden. Man nennt den Vorgang Pyrolyse. Dabei wird der in der Pflanze gespeicherte Kohlenstoff zu Pflanzenkohle umgewandelt und stabil gebunden. Pflanzenkohle verrottet nicht und bleibt Jahrhunderte im Boden erhalten. Das Besondere ist ihre poröse Struktur. Sie besitzt eine riesige Oberfläche. Ein einziges Gramm Kohle entspricht einer Fläche von 300 Quadratmeter. Unzählige Mikroorganismen docken daran an, Wasser und Nährstoffe sammeln sich in den Poren, und die wertvollen Mykorrhiza-Pilze, die für den Nährstoffaustausch an den Pflanzenwurzeln zuständig sind, können sich ansiedeln. Die Wirkung kann man sehen: Tomaten, Kohlköpfe, Salate u.a. wachsen gesund und üppig. Der Boden ist locker-humos, hält die Feuchtigkeit besser und man muss weniger gießen. Kein Wunder, dass immer mehr Hobbygärtner·innen auf das schwarze Wundermittel schwören.

Mit Pflanzenkohle gärtnern

Eine Pflanzenkohle-Begeisterte ist Diana Auwärter. Sie gärtnert seit sechs Jahren damit. „Ich merkte den Unterschied gleich an den Tomaten auf dem Balkon. Die Wasserspeicherung im Topf war deutlich besser, sie ließen an heißen Tagen ihre Blätter nicht mehr hängen.“ Seither beschäftigt sie sich intensiv mit Pflanzenkohle und bemängelt, dass es auf dem Markt dazu kaum einfach anzuwendende Produkte mit Anleitung gibt. „Das wollte ich ändern,“ sagt Diana Auwärter. „Viele wissen nichts darüber. Ich möchte Pflanzenkohle bekannter machen und Impulse geben, selber sowie gemeinsam etwas fürs Klima zu tun, zum Beispiel den eigenen Balkon mit Pflanzen runterzukühlen.“ Dafür hat sie das soziale Start-up „permarada“ gegründet und vernetzt sich mit Gleichgesinnten.

Seit 2017 stellt die ASF (Abfallwirtschaft der Stadt Freiburg) Pflanzenkohle her. In einem kontrollierten Pyrolyse-Verfahren werden Grünabfälle karbonisiert und in 50-Liter-Säcken zum Verkauf angeboten. Die Pflanzenkohle hat das EBC Zertifikat (European Biochar Certification). Es besagt, dass Schadstoffe, wie die Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe, PAKs, beim Brennvorgang eliminiert wurden. Grillkohle hat dieses Zertifikat nicht. Man sollte sie daher nicht fürs Gemüsebeet nehmen.

Pflanzenkohle allein schafft noch keine gute Erde. Sie ist eine Trägersubstanz, ein Schwamm, der alles aufsaugt. Deshalb muss man sie mit Nährstoffen aufladen und mit geeigneten Mikroorganismen aktivieren. Es gibt verschiedene Methoden dafür, die alle etwas Zeit brauchen: Entweder man vermischt sie mit klein geschnittenen Küchenabllen und lässt diese in einem Eimer unter Luftabschluss fermentieren. Das nennt man Bokashi. Hinzu gibt man EM (Effektive Mikro­organismen). Oder man gibt Pflanzenkohle zum Kompostieren dazu. EM, Gesteinsmehl und Brennnesseljauche fördern den Prozess. „Dieses Aufbereiten der Pflanzenkohle ist nicht so einfach und geht oft mal schief“, weiß Diana Auwärter aus eigenen Erfahrungen. Um den Menschen den Einstieg in das Gärtnern so einfach wie möglich zu machen, bietet sie veredelte Pflanzenkohle im gebrauchsfertigen Paket an. Diese mischt man im Verhältnis 1:10 mit Erde und befüllt Balkonkästen oder Hochbeete damit. Füttert man den Boden immer wieder mit Kompost, Brennnesseljauche oder Gesteinsmehl, erhält man dauerhaft eine fruchtbare Erde. Erfreulicher Nebeneffekt: Das Schleppen von Erdsäcken jedes Frühjahr entfällt.

Diana Auwärter will Pflanzenkohle bekannter machen und Impulse geben für Klimaschutz im Garten.

Diana Auwärter will Pflanzenkohle bekannter machen und Impulse geben für Klimaschutz im Garten.

Info
Permarada
Diana Auwärter
www.klimagärtnern.de

Fotos: © Diana Auwärter