Vitamine gegen Winterblues: Powerfood Feldsalat Haus & Garten | 29.11.2020 | Frank von Berger

Feldsalat

Feldsalat ist ein Kraut mit vielen Namen: Sunnewirbele, Ackersalat, Nüsslisalat oder Rapunzel. Die grünen Blättchen sind nicht nur schmackhaft, sondern auch märchenhaft gesund: Das vitaminreiche Powerfood vertreibt sogar schlechte Laune. Der beliebteste Wintersalat der REGIO hat jetzt Hochsaison.

Was da apart auf dem Salatteller drapiert zum Genuss einlädt, ist eigentlich ein Unkraut. Denn Feldsalat, botanisch klangvoll Valerianella locusta genannt, ist ein in Eurasien heimisches einjähriges, aber winterhartes Kräutlein aus der Familie der Baldriangewächse (Valerianaceae). Das unscheinbare Pflänzchen wächst in der REGIO zuweilen wild auf Äckern, Brachen, Wiesen und in Weinbergen. Dort, in freier Wildbahn, sammelte man früher die kleinen Blattrosetten. Funde von Feldsalatsamen in den Pfahlbausiedlungen des Voralpenlandes belegen, dass die Menschen schon in der Jungsteinzeit diese schmackhaften Blättchen rupften, um in der kalten Jahreszeit den „Scharbock“ zu bannen, wie man den durch Vitamin-C-Mangel verursachten Skorbut früher auch nannte.

Feldsalat

Zuweilen wächst er auch heute noch wild auf Äckern und Wiesen – seit dem 18. Jahrhundert jedoch wird Feldsalat in Gärten kultiviert.

Erst seit dem 18. Jahrhundert kultiviert man Feldsalat in Gärten; von Landwirten wird er seit etwa hundert Jahren professionell angebaut. Seine lange Geschichte als Nahrungspflanze bezeugen die zahlreichen, regional unterschiedlichen Trivialnamen: Acker-, Mausöhrchen- oder Töchterlesalat, Rebenkresse, Schafmäuli, Taubenkröpfle, Schmalzkraut, Lämmerweid, Ritscherli oder Pöperl. Im Alemannischen heißt er Sunnewirbele, in der Schweiz Nüsslisalat oder Nüssler. Die Österreicher nennen ihn Vogerlsalat, die Franzosen Mâche. Und fast alle kennen das Grimm’sche Märchen vom Rapunzel, jener in einem tür- und treppenlosen Turm gefangenen Langhaarträgerin. An deren herabwallendem Kopfschmuck (Parole: „Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter!“) kletterte ein verliebter Königssohn zum Zwecke der Minne außen am Turm empor. Dort war die holde Schöne gefangen, weil ihre Mutter während ihrer Schwangerschaft unbändige Gelüste auf Feldsalat bekam. Den stibitzte ihr Gatte im Garten einer Zauberin. Und die verlangte daraufhin das neugeborene Kind als Wiedergutmachung, nannte es Rapunzel und sperrte es bis zur finalen Befreiung durch den Königssohn in besagtem Turm ein.

Rapunzel macht den Winter grün

Doch zurück zu den belegten Tatsachen: Von allen Blattsalaten hat Feldsalat den höchsten Gehalt an Vitaminen und Mineralien. Neben Vitamin C enthalten die dunkelgrünen, spatelförmigen Blättchen viel Eisen, Jod, Provitamin A, Folsäure, Kalium und Kalzium. Sowohl in den Wurzeln als auch in den Blättern findet sich Baldrianöl, das medizinisch genutzt wird und eine nervenberuhigende Wirkung hat. In der Naturheilkunde wird Feldsalat gegen Winterdepressionen eingesetzt. Das leuchtet ein: Rapunzel macht den Winter grün – und hellt damit das Gemüt auf.

Feldsalat

Freiland-Feldsalat hat von allen Blattsalaten den höchsten Vitamin- und Mineraliengehalt (l.).

Am gesündesten ist natürlich Freilandware, die möglichst erntefrisch verzehrt werden sollte und zwischen Oktober und Februar Saison hat. In Deutschland wurde im Jahr 2019 auf rund 2350 Hektar Feldsalat im Freiland produziert. Immer öfter wird er aber im Erwerbsanbau als Ganzjahreskultur unter Folie oder im Treibhaus kultiviert. Das beschleunigt das Wachstum und ermöglicht die Ernte unabhängig vom Wetter. Der meiste deutsche Feldsalat wird übrigens in Baden-Württemberg erzeugt, wo so herzhafte Sorten wie „Dunkelgrüner Vollherziger“, „Stuttgarter“ oder „Vit“ vorwiegend im Freien auf Feldern angebaut werden. Relativ neu auf dem Markt ist die rotblättrige Sorte „Ovired“, deren Saatgut man bei verschiedenen Händlern für die Aussaat im Hausgarten findet. In Wirklichkeit handelt es sich bei den kleinen Rotschöpfen jedoch gar nicht um echten Feldsalat, sondern um eine Variante des Romana-Salats (Lactuca sativa var. longifolia), also eine ganz andere Art. Obwohl der rote Vetter in puncto Vitaminen nicht ganz so gut abschneidet wie der echte Feldsalat – und im Gegensatz zu diesem nicht winterhart ist –, kann er die Salatschüssel zumindest optisch aufpeppen.

Genügsame Gartenpflanze

Der Anbau der echten „Sunnewirbele“ im Garten ist recht einfach. Die anspruchslose Pflanze ist eine ideale Nachkultur, wenn die Gemüsebeete im Spätsommer abgeerntet sind. Für einen Anbau in dieser Saison ist es zwar zu spät, denn die Aussaat für die Herbst- und Winterernte erfolgt ab Ende Juli bis Mitte September. Doch man kann ihn ja schon mal fürs nächste Gartenjahr einplanen. Die Kulturdauer beträgt 50 bis 80 Tage, und geerntet werden kann den ganzen Winter über. Kündigt sich Schneefall an, deckt man die Beete mit Planen ab, die für die Ernte beiseite gezogen werden. Düngen sollte man den Feldsalat übrigens nicht, denn sonst reichern sich schädliche Nitrate in den Blättern an.

Genuss pur bis zum Frühlingserwachen

Noch gesünder wird er, wenn man ihn mit Äpfeln und Nüssen veredelt (o.).

Die Saison endet meist Anfang März, wenn die Pflänzchen zu blühen beginnen. Dann schiebt sich aus der Blattrosette ein etwa 20 Zentimeter hoher, doldenähnlicher Blütenstand mit winzigen, hellblauen Blüten hervor. Die Blätter des blühenden Feldsalats schmecken nicht mehr. Das macht aber nichts, denn zu diesem Zeitpunkt ist bereits neues, frisches Grün in Form von Bärlauch, Kresse und Sauerampfer im Garten verfügbar. Bis es so weit ist, kann man den ganzen Winter über noch viele köstliche Portionen Feldsalat genießen. Und das am besten gut gewaschen – damit kein Sandkorn zwischen den Zähnen knirscht. Und vielleicht veredelt man die köstlichen Blättchen mit Radicchio, Walnüssen, Granatapfelkernen oder gebratenem Speck.

 

Fotos: © iStock/ Rimma Bondarenko, Frank von Berger