50 Jahre Solidarität aus Freiburg: Das Informationszentrum 3. Welt feiert Geburtstag STADTGEPLAUDER | 19.03.2018 | Dominik Bloedner

Die Treppenstufen knarren, die Büromöbel sind, nun ja, nicht unbedingt alle aus diesem Jahrtausend, in getöpferten Tassen wird fair gehandelter Kaffee aus Nicaragua kredenzt. Ein Besuch im Informationszentrum 3. Welt in einem Hinterhof an der Freiburger Kronenstraße gleicht ein wenig einer Zeitreise – zumal in diesen Tagen das 50. Jubiläum gefeiert wird.

Doch sind die Anliegen, mit denen sich die Redaktion der „Blätter des iz3w“ journalistisch auseinandersetzt, nach wie vor brandaktuell: Es geht um die Beziehungen zwischen Erster und Dritter Welt, um Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Marginalisierung – also um Missstände, die auch ein halbes Jahrhundert nach 1968 nicht verschwunden sind, sondern sich nur in neuen Gewändern präsentieren.

Es geht den Macherinnen und Machern darum, den westlichen Blick aus der Wohlfühloase heraus für das alles zu schärfen. „Die Welt zugunsten einer herrschaftsfreien Assoziation Gleichberechtigter umzukrempeln“, sagt Christian Neven-DuMont, einer der Alt-68er, der seit Jahrzehnten mitarbeitet. Dabei klingt er nicht gar nicht verbittert, nein, der Siebzigjährige lacht.

Ein Blick zurück. 1968 ist auch in Südbaden eine Aufbruchstimmung auszumachen. Freiburger Studierende gründen die Aktion Dritte Welt, den Trägerverein des iz3w, und wollen ganz unbescheiden die Ausbeutung auf der Südhalbkugel beenden. Anfangs denken sie, dass dies mit einer besseren, einer reformierten Entwicklungshilfe zu schaffen ist und hoffen auf den damals neu ins Ministeramt berufenen SPD-Politiker Erhard Eppler. Der kommt Ende 1968 zu einer Podiumsdiskussion in die Freiburger Stadthalle – zusammen mit dem Philosophen Ernst Bloch, dem Schriftsteller Günther Grass und 4000 Wissenshungrigen.

Bald jedoch setzt bei den Aktivisten ein Umdenken ein. Solidaritätsarbeit bedeutet für Jimi Merk, 67, und seit den frühen 1970ern aktiv, „dass es dabei nicht nur um einige Korrekturen geht, sondern unser Wirtschaftssystem grundsätzlich in Frage steht.“ Immer schon wurde in den Räumen an der Kronenstraße heftig debattiert, gestritten, theoretisiert. „Bei den Redaktionssitzungen habe ich mehr gelernt als an der Uni, die Diskussionen waren viel kontroverser“, sagt Christian Stock, Jahrgang 1964, der heute die Redaktion leitet. 500 Menschen haben in all den Jahren in der Redaktion mitgearbeitet. Aus ihnen wurden Landtags­abgeordnete, Caritas-Funktionäre, Journalisten bei überregionalen Zeitungen oder Hochschuldozenten – das iz3w, eine etwas andere Kaderschmiede.

Die erste Zeitschrift kam 1970, seitdem sind 364 Ausgaben erschienen. Ging es früher nur um Entwicklungspolitik, erweiterte sich in den 80ern das Themen­spektrum um Feminismus, Tourismus, Rassismus, postkoloniale und postmoderne Theorie, Kunst. Im aktuellen Heft geht es etwa um Revolten an Universitäten in Indien oder das gefährliche Leben von Umweltaktivisten in Lateinamerika.

Die verkaufte Auflage betrug mal 8000 Stück, inzwischen sind es knapp 2500. Wer das liest? „Alt-68er, Studierende, Globalisierungskritiker, Lehrer“, sagt der Geschäftsführer Friedemann Köngeter. Während des Gesprächs kommen immer wieder Mitarbeiter von politischen Gruppen, die unter dem Dach des iz3w vereint sind. Sie schauen in ihre Postfächer, trinken Kaffee, tauschen sich aus. Es sind auch junge Menschen, denen das iz3w eine politische Heimat gibt.

„Für uns als Nachwuchsgeneration hat es etwas Schönes und Beruhigendes, Teil eines Ladens zu sein, der schon so lange existiert“, sagt Larissa Schober, 29. Theresa Weck, 24, findet: „In Zeiten, in denen so viele linke Projekte kurzlebig sind, schöpft man die Hoffnung, dass Ideen durchaus mit der Zeit gehen können, ohne unterzugehen.“

Foto: © Alexandra Heneka