Ausgezeichnete Utopie: Nachwuchsarchitekt konzipiert Wohnregal aus Containern STADTGEPLAUDER | 20.02.2018 | Till Neumann

Wohnen im Container? Klingt nach Übergangslösung. Die ganze Bleibe bei einem Umzug einfach mitnehmen? Klingt utopisch. Doch Hannes Siefert aus Freiburg hält das für eine dauerhafte Alternative. Gerade in überfüllten Städten wie Freiburg. Der angehende Architekt hat dazu einen preisgekrönten Entwurf erstellt. Mit seiner Idee steht der 30-Jährige nicht alleine da.

Querdenken. Das war die Aufgabe des Architekturwettbewerbs der Epple Immobilien GmbH aus Heidelberg. Das Thema: „Ideen zur Schaffung von nachhaltigem und preiswertem Wohnraum“. Hannes Siefert ließ sich nicht zweimal bitten. Der Architekt im Praktikum (AiP) bei „K9 Architekten“ aus Freiburg erarbeitete in abendlichen Ex-traschichten einen überraschenden Entwurf: ein zwölfstöckiges bewohnbares Containerregal.

Das aus einzeln anmietbaren „Slots“ bestehende Gebäude soll maximale Flexibilität ermöglichen – zu überschaubaren Preisen. Je nach Bedarf kann man einzelne Einheiten anmieten. „Ein Single mietet sich dort einen Container“, sagt Siefert, „dann verliebt man sich, bekommt Kinder und bezieht zwei weitere Container.“ Ziehen die Kleinen irgendwann aus, gebe man die Einheiten wieder ab. Stehe das Primärgerüst aus Traggerüst, Treppenhäusern und Aufzügen, könne jeder Bewohner seinen kleinen Wohnraum individuell gestalten.

Auch der gestiegenen Mobilität soll Sieferts Entwurf Rechnung tragen: „Bei einem Umzug kann man den ganzen Container einfach mitnehmen“, erklärt er. Dafür gebe es fest installierte Kräne. Mit einem LKW könnten die Container zum nächsten Wohnort transportiert werden. „Das ist ein bisschen utopisch, aber machbar“, sagt Siefert. Nur die Frühstückstasse müsse man dann eben gut verstauen für den Transport.

Konzipiert ist der Entwurf für ein Grundstück an der Stuttgarter Seestraße – so die Bedingung des Architektur-Wettbewerbs. Sieferts Containerregal hat 40 Meter Höhe. „Ein richtiger Brocken“, sagt der angehende Architekt. Er habe sich die Höhe getraut, da nebenan ein Hochhaus stehe. Doch auch anderswo sei das denkbar. „Man kann höher bauen – auch in Freiburg“, sagt er.

Leben müsse man zukünftig dafür aber in kleineren Einheiten. „Braucht man alleine 120 Quadratmeter?“, fragt er. Ein Container-Slot hat etwa 20 Quadratmeter. Orientiert hat er sich an der Tiny-House-Bewegung aus den USA. Tiny heißt winzig. Die Anhänger des Trends leben in günstigen und ressourcenschonenden Minihäusern, die meist auf Rollen stehen. Auch in Deutschland ist das zunehmend gefragt. An der Berliner Tinyhouse University kann sich seit diesem Jahr jeder sein eigenes Minihaus bauen. Zehn Quadratmeter groß. Kostenpunkt: etwa 50.000 Euro.

Siefert nennt seine Container ebenfalls „Tiny Houses“. Mit dem Entwurf will er anregen: Fehlender Wohnraum in den Städten erfordere ein Umdenken. Wie derzeit gewohnt und gebaut werde, sei nicht mehr zeitgemäß. Er könne sich vorstellen, selbst in einem Container zu leben, weiß aber: Die Akzeptanz ist der Knackpunkt seines Entwurfs. „Ich bin von Grund auf Optimist“, sagt Siefert.

An seinem Konzept hatte er dennoch gezweifelt. Da ihm die Zeit fehlte, zögerte er, beim Wettbewerb mitzumachen. Doch die Teilnahme lohnte sich. Er landete auf dem zweiten Platz und kassierte 8000 Euro Preisgeld. Die möchte er für eine Weiterbildung reinvestieren. Für eine Summer-School in Portugal mit renommierten Architekten hat er sich bereits angemeldet.

Visualisierungen: © Hannes Siefert / Foto: © Till Neumann