„Bürokratisch gelähmt“ IHK präsentiert Ergebnisse der Umfrage zur Frankreich-Entsendung STADTGEPLAUDER | 16.05.2022 | Business im Breisgau

Dieter Salomon, Stefanie Blum, Monika Roob, Pascale Mollet und Antonyo Hummel Fordern weniger Bürokratie: Dieter Salomon, Stefanie Blum, Monika Roob, Pascale Mollet und Antonyo Hummel.

Schicken deutsche Unternehmen ihre Mitarbeitenden nach Frankreich, etwa, um Dienstleistungen zu erbringen oder Kunden zu besuchen, müssen sie Meldepflichten und umfangreiche arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Formalitäten beachten. Zwar hatte die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK) schon in der Vergangenheit die eine oder andere Erleichterung erzielt, doch reichen die in der tagtäglichen Praxis längst noch nicht aus. Das ergab eine neue Mitgliederumfrage der Kammer. Viele Betriebe sind mittlerweile frustriert, 40 Prozent wollen ihre Frankreich-Geschäfte reduzieren oder ganz aufgeben.

„30 Prozent der 260 befragten Betriebe wollen ihre Frankreich-Geschäfte reduzieren, zehn Prozent denken gar über eine Einstellung nach“, sagte Stefanie Blum, die stellvertretende Leiterin Geschäftsbereich International der IHK. Und das sei auch verständlich: „Die Betriebe müssen diesen Aufwand zusätzlich bepreisen, das lässt ihre Angebote teurer werden, und damit sind sie gegenüber französischen Anbietern nicht mehr konkurrenzfähig.“

Als die größten Herausforderungen bei den Entsende-Formalitäten nannten die Unternehmen die Übersetzung deutscher Dokumente wie medizinische Atteste, Lohn- und Stundenzettel oder Arbeitsverträge ins Französische sowie die Benennung eines französischsprachigen Vertreters. Blum: „Eine solche Person oder die Übersetzung sorgen für zusätzliche Kosten.“ Auch die Weitergabe von datenschutzrelevanten Informationen an Dritte bei der Entsendung sehen viele kritisch.

Knapp 90 Prozent wünschen sich, dass die Meldepflicht bei kurzzeitigen Einsätzen entfällt. Blum: „Wünschenswert wäre, wenn Frankreich die EU-Richtlinie weniger streng auslegen würde.“ Etwa so wie Dänemark, wo alle Arbeitseinsätze unter acht Tagen nicht gemeldet werden müssen. Oder wie in Österreich, wo es bei Arbeiten von geringem Umfang oder geringer Dauer keine Meldepflicht gibt.

Solche Auslegungen wünschen sich auch Monika Roob und Antonyo Hummel von der Firma MSG Krandienst aus Kehl. „Wir haben seit 2017 einen Betrieb in Frankreich, aber es ist einfacher, wenn ein Arbeitnehmer für zwei Jahre nach Paris geht, als für einen Arbeitseinsatz wenige Stunden nur auf die andere Rheinseite“, konstatierte Roob. Hummel: „Wir sind bürokratisch gelähmt.“ Roob erzählte ein besonders absurdes Beispiel: „Habe ich einen neuen Mitarbeiter in Kehl, der im Elsass lebt, darf ich ihn im ersten Monat nicht nach Frankreich entsenden.“

IHK-Hauptgeschäftsführer Dieter Salomon betonte, dass es nicht grundsätzlich um die Richtlinie gehe. „Könnten Firmen zu Dumpingpreisen in Frankreich arbeiten, würde das ja ebenfalls unseren Betrieben schaden.“ Er fordert aber einfachere Lösungen: „Warum könnte die Akkreditierung nicht über die IHKs oder die Handwerkskammern laufen?

Die IHK werde nun erneut mit den Umfrageergebnissen auf die französische Verwaltung zugehen, um Erleichterungen einzufordern. „Wir sind außerdem bereits in Kontakt mit den Ministerien in Baden-Württemberg“, informierte Pascale Mollet, Leiterin Stabsstelle für grenzüberschreitende Zusammenarbeit. 

Foto: © Natalie Butz/IHK Südlicher Oberrhein