Eine Stunde Unbeschwertheit: Jubiläum bei den literarischen Sommerabenden „Unter Sternen“ STADTGEPLAUDER | 19.07.2019 | Erika Weisser

Unter Sternen

Vor 20 Jahren startete die Sommernacht-Vorlesereihe „Unter Sternen“, die längst fester Bestandteil der Freiburger Kulturagenda im August ist. Die Organisatoren dieser Kooperation zwischen E-Werk und Vorderhaus – Kultur in der Fabrik finden, dass sich das Projekt „gut entwickelt“ habe. In all den Jahren, freut sich Vorderhaus-Programmplanerin Karin Hönes, sei keine Lesung abgesagt worden, seien immer konstant 80 bis 100 und nie weniger als 25 Besucher gekommen, „nicht einmal bei Regen“. 

Sie erinnert sich an den allerersten, komplett ausverkauften Leseabend im August 1999. Damals habe der Freiburger Regionalkrimiautor Roland Weis im Innenhof des Adelhausermuseums aus seinem „Güllelochmord“ gelesen, als mittendrin ein heftiges Gewitter mit Starkregenguss losgebrochen sei. Viele Anwesende hätten unter dem einzigen vorhandenen, riesigen Schirm Zuflucht gesucht und dort in aller Ruhe mit Weis über sein Buch gesprochen. Autorengespräche seien normalerweise jedoch nicht üblich: „Literaturanalyse ist nicht unser Kerngeschäft, uns geht es einfach um eine Stunde Unbeschwertheit.“

In den ersten Jahren gab es bei den Vorleseabenden nur zwei literarische Genres: Freitags war die Stunde des Krimis, samstags die der Erotik. Dabei, sagt Hönes, seien nicht nur die Schriftsteller selbst zu Wort gekommen, unter denen bis heute auch immer einige Freiburger sind: Hiesige Kabarettisten, Kleinkünstler und Schauspieler hätten Texte bestimmter Autoren ausgesucht und präsentiert. So seien „spannende Verbindungen entstanden“, die vergnügliche Lesungen versprachen. Und dies auch einhielten. Ebenfalls bis heute.

Gern denkt sie an inspirierende Veranstaltungen wie „Frank Sauer liest Wolf Haas“ oder „Georg Schramm liest Philip Roth“ zurück. Oder an Donna Leon, die als Fan des Freiburger Barockorchesters „über diese Connection“ gleich im zweiten Jahr bei „Unter Sternen“ persönlich zu Gast war. Freilich wurde ihr Auftritt wegen des großen Andrangs in den Rathausinnenhof verlegt. 

Sie und ihre Kollegen hätten anfangs „eine Zeit lang ziemlich rumgesponnen mit besonderen Orten wie etwa der Pathologie, einem Schrottplatz oder einer Kleingartenanlage“, erzählt Hönes. Derlei Ideen hätten sich aber nicht umsetzen lassen. Außer bei Lisbeth Felder, die im Schulungsraum des Polizeireviers Nord aus Friedrich Glausers Wachtmeister-Studer-Romanen las.

Inzwischen gefalle es ihnen auch sehr gut in der Spechtpassage, wo „unter Sternen“ nach einem kurzen Intermezzo im Haus zur lieben Hand seit 2010 gastiert. Nach dem Verlust der ersten Spielstätte in dem ab 2008 wegen Umgestaltung geschlossenen Adelhauser-Innenhof steht der „bei ganz unterschiedlichen Literaturbegeisterten nach wie vor sehr beliebten Lesereihe“ ein zentral gelegener Ort zur Verfügung, der mit dem Jos-Fritz-Café nötigenfalls sogar Obdach bietet. Obwohl „die Leute lieber draußen sitzen“, zur Not auch mit Schirmen. 

Seit dem Umzug werden sämtliche literarischen Genres bedient, ist für jeden etwas dabei. Auch im Jubiläumsjahr.

Info
www.vorderhaus.de; www.e-werk-freiburg.de

Foto: ©  Felix Groteloh