Tabuthema auf Transportern: Der Kinderhospizdienst unterstützt Familien mit todkranken Kindern Engagement | 15.12.2019 | Philip Thomas

In Freiburg leben rund 130 Familien mit sterbenskranken Kindern. Viele von ihnen wenden sich an den Kinderhospizdienst. Die ehrenamtlichen Helfer haben nicht nur eine starke Schulter und ein offenes Ohr, sie unterstützen Familien in Not auch bei rechtlichen Fragen. Laut dem Bundesverband ist die Belas­tung hoch, das Geld knapp und die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gering. Ein Spediteur möchte das ändern.

„Wir begleiten Familien mit schwerkranken Kindern“, sagt Kian Bank, Koordinator des Kinder- und Jugendhospizdienstes der Malteser über die ehrenamtliche Arbeit in Freiburg und dem Hochschwarzwald. Ein bis zwei Stunden pro Woche besuchen die Begleiter Familien in Not. Die Betreuung geschieht ambulant – die nächste der bundesweit 17 stationären Einrichtungen liegt in Stuttgart und ein Platz dort ist schwer zu kriegen. In Freiburg nehmen Familien aller sozialen Schichten und Konfessionen den kostenlosen Dienst in Anspruch.

Laut Anja Bieber, Pressesprecherin des Bundesverbandes Kinderhospiz, gibt es in Deutschland weit mehr als 40.000 Familien mit Kindern, die an lebensverkürzenden Erkrankungen leiden. „Jährlich gibt es rund 5000 neue Diagnosen und ebenso viele Todesfälle“, sagt die 46-Jährige. Die Hiobsbotschaft komme oft aus heiterem Himmel. Bank betont: „Das macht vor niemandem halt, und wir auch nicht.“

Einen großen Wunsch hat der Koordinator: „Ich würde mir wünschen, dass Betroffene weniger wie ein Formular und mehr wie ein Mensch behandelt werden.“ Über die Jahre entwickle sich zwischen Freiwilligen und Familien ein enges Verhältnis. „Die Arbeit ist rein psycho­sozial, medizinisch halten wir uns raus“, sagt der 36-Jährige. Auch bei der Pflege des Kindes mischen sich die 15 ehrenamtlichen Malteser nicht ein. Das sei oft eine Herausforderung. Letztendlich ginge es aber nicht darum, kluge Ratschläge zu erteilen, sondern schlicht für die Familien da zu sein: „Es ist gut, wenn man bei jemandem sein Herz ausschütten kann.“

Bank sieht Hilfe für die Familien als Ganzes: „Wir schauen gemeinsam mit Eltern und Kindern nach dem Bedarf.“ Das könne ein Spiel mit dem gesunden, aber möglicherweise vernachlässigten Geschwisterkind sein. Hospizarbeit sei kein Job wie jeder andere. Die Schulung zum Begleiter dauert ein Jahr und erfordert viel Selbstreflexion. Die Teilnehmer setzen sich darin mit dem Thema Tod auseinander. „Das ist ein Bereich, in den wenig Licht fällt. Die Beschäftigung damit ist aber sehr wertvoll”, sagt Bank.

Viele verbinden mit einem Hospiz eine Art Endstation. „Kinder und Sterben ist ein Tabu-Thema, viele sind froh, wenn sie damit nichts zu tun haben“, weiß Pressesprecherin Bieber. Sie und Bank wünschen sich mehr Offenheit gegenüber der Hospizarbeit. Der Koordinator erklärt: „Mit den todkranken Kindern wird man praktisch nicht konfrontiert, höchstens im Krankenhaus.“ Spediteur Alex Witzigmann ist genau das passiert. Der Abteilungsleiter bei Streck Transport kam nach schwerem Nierenversagen in der Freiburger Uniklinik mit kranken Kindern in Berührung. „Das war eine Initialzündung“, erinnert er sich. Drei Jahre und eine Transplantation später rollen zehn bedruckte Lastwagen durch die Republik und machen kostenlos auf Kinderhospizarbeit aufmerksam. Der 60-Jährige hofft auf zahlreiche Spenden. Der Dienst ist dringend darauf angewiesen.

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