Geisterjäger geht vor Gericht: Parapsychologische Beratungsstelle soll 250.000 Euro zurückzahlen STADTGEPLAUDER | 03.05.2021 | Philip Thomas

Walter von Lucadou Walter von Lucadou: Untersucht scheinbar übernatürliche Phänomene.

Seit mehr als 30 Jahren geht Walter von Lucadou als Leiter der Parapsychologischen Beratungsstelle unerklärlichen Phänomenen auf den Grund. Jetzt hat der „Geisterjäger“ einen ganz weltlichen Fall: Die Beratungsstelle soll Fördergelder zurückzahlen, weil diese Vermögensbestände angeblich nicht korrekt gemeldet hat. Lucadou bestreitet die Vorwürfe und spricht von Schikane.

Rund 70 Prozent der Deutschen haben bei einer Allensbach-Umfrage vor fünf Jahren mal angegeben, mindestens einmal ein „subjektiv paranormales Erlebnis“ erfahren zu haben. Für viele von ihnen hat Walter von Lucadou eine Erklärung: Der nächtliche Dämon auf der Brust ist eigentlich die Schlafstarre – eine Schutzfunktion, die verhindert, dass geträumte Bewegungen tatsächlich ausgeführt werden. Die geheimnisvollen Stimmen aus dem Teekessel entpuppen sich als empfangene Radiosendung. „Uns rufen Menschen an, die Dinge erlebt haben, die sie nicht verstehen“, sagt der 75-Jährige. Rund 3000 Fälle bearbeitet der Spezialist nach eigener Aussage jährlich.

Jährlich 3000 Beratungen

Vergangenes Jahr waren es deutlich weniger: Lucadou musste alle vier Mitarbeiter der Parapsychologischen Beratungsstelle entlassen, weil das Kultusministerium Förderungen in Höhe von zuletzt 83.000 Euro zum Ende des Jahres 2019 eingestellt hatte. Für Lucadou keine gänzlich neue Situation. „Anträge zu schreiben, ist nichts Neues. Alle zwei, drei Jahre muss ich Klinken putzen“, sagt der Wissenschaftler in seinem Büro an der Freiburger Hildastraße. Im Feld der Parapsychologie tummelten sich viele Schwindler und Scharlatane. „Die nutzen Unwissen gnadenlos aus, da wird abkassiert.“ Sich davon immer wieder zu distanzieren, koste viel Energie und Zeit.

Gestrichen wurden die Zahlungen, weil eine interministerielle Arbeitsgruppe die Beratungsstelle nach einem Bericht im April 2019 auf Sektenberatung ausrichten wollte – und Lucadou nicht folgte. „Neu-religiöse Gruppen spielen bei uns nur eine untergeordnete Rolle, etwa zwei Prozent aller Beratungen“, sagt er. Lucadou sieht seine Aufgabe in „präventiver Beratung zu einem adäquaten Umgang mit ungewöhnlichen oder außergewöhnlichen Erfahrungen, esoterischen oder okkulten Praktiken sowie alternativ-medizinischen Angeboten“. Einen neuen Förderantrag lehnte das Ministerium ab, seitdem finanziert sich die Beratungsstelle laut seinem Leiter allein durch Spenden.

Im vergangenen Oktober bekam der Freiburger erneut Post aus Stuttgart. Seine Wissenschaftliche Gesellschaft zur Förderung der Parapsychologie (WGFP) solle die erhaltenen Förderungen der Jahre 2013 bis 2019 – summiert fast eine Viertelmillion Euro – zurückzahlen. Nach Aussage der Pressestelle liegen dem Ministerium die Jahresabrechnungen aus diesem Zeitraum vor. „Diese unterscheiden sich erheblich von den Abrechnungen, die die WGFP zum Ende des jeweiligen Bewilligungsjahres dem Kultusministerium zugeleitet hatte“, so Ministeriumssprecherin Christine Sattler. „Ich habe immer detailliert beschrieben, was ich hier mache. Das wusste 30 Jahre lang jeder“, wundert sich Lucadou.

Auch woher das Ministerium die Akteneinsicht hat, kann er sich nicht erklären. „Wir haben einen Hinweis erhalten“, verrät die Sprecherin. „Das ist reine Schikane“, so Lucadou. Das Ministerium weist die Anschuldigung zurück.

Der Parapsychologe betont, der Verein habe nur aus Eigenmitteln zurückgelegt: „Das waren Spenden und Gelder aus Vortragshonoraren.“ Lucadou will daher Klage beim Freiburger Verwaltungsgericht einreichen, die Viertelmillion Euro kann die WGFP nicht aufbringen. Ob die Klage Erfolg hat? „Keine Ahnung, vor Gericht und auf See ist man in Gottes Hand.“

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