chilli exklusiv: Freiburger Institut für Sonnenphysik von Schließung bedroht Forschung | 18.08.2023 | Philip Thomas

Seit 1943 forschen Astronomen und Astrophysiker am Freiburger Institut für Sonnenphysik. Nun hat die zuständige Leibniz-Gemeinschaft trotz „guter“ bis „exzellenter“ Bewertung empfohlen, die Förderung der Anlage zu streichen. Die Zukunft des Instituts mit dem Observatorium auf dem Schauinsland steht damit in den Sternen.

Seit seiner Gründung im Jahr 1990 ist das Freiburger Institut für Sonnenphysik Mitglied der Leibniz Gemeinschaft. Die Einrichtung an der Freiburger Schöneckstraße, ehemals „Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik (KIS)“, schaut jedoch länger zu den Sternen: Ins Leben gerufen wurde die Institution mit dem Observatorium auf dem Schauinsland im Jahr 1943. Sein Forschungsschwerpunkt ist weltweit einzigartig. „Das KIS ist mehr oder weniger das einzige Institut, das sich allein der Sonne widmet“, erklärt Markus Roth, der im Jahr 2002 am KIS promovierte.

Knapp 20 Jahre später steht das Institut vor dem Aus. Der Senat, das Aufsicht- und Beratungsorgan der Leibniz-Gemeinschaft, hat Bund und Land empfohlen, die Förderung des Instituts zu beenden. Eine Bewertungsgruppe hatte am 22. sowie 23. September die Freiburger Einrichtung besucht. „Die Rückmeldung aus dem KIS war positiv“, wundert sich der heutige Direktor der Landes­sternwarte Tautenburg in Thüringen.

Der resultierende Bericht des Senats, der chilli vorliegt, honoriert auch wichtige Ergebnisse zu Magnetfeldern der Sonne und anderer Sterne, moniert jedoch, dass einige Arbeiten nur schwer mit dem Kernauftrag des KIS vereinbar seien sowie Führungsvakanzen. Die beiden Institutsabteilungen „Solare und Stellare Astrophysik“ und „Observatorien und Instrumente“ werden im Bericht als „gut bis sehr gut“ sowie „sehr gut bis exzellent“ bewertet. Unterm Strich würden Möglichkeiten „jedoch nicht hinreichend ausgeschöpft“. Eine übergreifende Forschungsstrategie sei nicht zu erkennen.

Ob die Förderungen in Höhe von jährlich rund 6,6 Millionen Euro gestrichen werden, entscheidet die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) der Wissenschaftsminister sowie Finanzminister von Bund und Ländern. Enden würde sie laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung zum Jahresende 2026. Aktuell beschäftigt das Institut rund 70 Mitarbeiter, darunter 26 Wissenschaftler. Sie hatten sich bereits auf einen Umzug an die Freiburger Messe eingestellt. Westlich des SC-Stadions ist ein Gebäude im Bau.

In 2400 Metern Höhe: Auf Teneriffa betreibt das KIS Europas größtes Sonnenteleskop „Gregor“.

Laut dem Pressesprecher der Leibniz-Gemeinschaft Christoph Herbort-von Loeper gilt es als wahrscheinlich, dass die GWK der Senatsempfehlung folgen wird. Noch nie wurde einer solchen Empfehlung nicht gefolgt. „Möglich wäre etwa ein Weiterbetrieb als reines Landes-Institut, eine Eingliederung in eine Universität, aber auch die Schließung“, sagt er.

Roth hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben und am 16. Juli eine Online-Petition gegen den drohenden Förderstopp ins Leben gerufen. 3160 Signaturen zählt diese Mitte August. „Meine Prognose ist, dass es weiterhin als Landesinstitut gefördert wird“, sagt Roth. Er geht jedoch davon aus, dass die Fördermittel dann stark reduziert werden. Bereits eine Etatkürzung hat laut Roth schwere Folgen für den wissenschaftlichen Betrieb des Instituts: „Freiburg würde viel Know-how verlieren.“

Das KIS betreibt seit 1972 Teleskope auf Teneriffa, 1989 ging dort das Vakuum-Turmteleskop in Betrieb, 2013 nahm das leistungsfähigere Sonnenteleskop „Gregor“ wissenschaftliche Beobachtungen auf. „Die müssten wohl geschlossen werden. Das wäre ein Verlust für die Astrophysik“, sagt Roth. Auch KIS-Partner wie das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen oder das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam seien davon betroffen. Was aus dem Observatorium auf dem Schauinsland im Schwarzwald wird, ist offen.

Fotonachweis: © KIS