Heimspiel: Empowerment für Frauen STADTGEPLAUDER | 26.04.2020 | Liliane Herzberg

Gaelle Dietrich

Gaëlle Dietrich arbeitet bei der Freiburger Frauenrechtsorganisation Amica e.V., die am 7. März den Göttinger Friedenspreis verliehen bekommen hat. Weltweit helfen Partnerinnen des Vereins Frauen in Krisenregionen, geben ihnen eine Stimme und sensibilisieren für Frauenrechte. Die Arbeit ist nicht immer leicht und fühlt sich oft nach einem kleinen Tropfen im Ozean an, erzählt die 36-Jährige, ist aber umso wichtiger im Kampf gegen sexualisierte Gewalt und für das Empowerment von Frauen.

„Das erste Projekt war 1993 ein Haus für traumatisierte Frauen in Tuzla in Bosnien, wo psychosoziale Begleitung angeboten wurde, mit Sozialarbeiterinnen und Ärztinnen. Wir arbeiten mit schon bestehenden Fraueninitiativen vor Ort und haben vier Projektreferentinnen aus Freiburg, die drei bis vier Mal im Jahr hinfahren und sehen, was sie da brauchen. Das Konzept von Amica findet auf drei Ebenen statt:  Die individuelle Ebene, auf der die betroffenen Frauen unterstützt werden. Die Organisatorische, bei der es um die Stärkung der Partnerinnen durch Fundraising, Supervision oder Self Care geht. Und die Gesellschaftliche, auf der die rechtliche Lage für die Frauen verbessert wird.

In den Ländern, in denen wir arbeiten, herrschen oft sehr schwere Bedingungen. In Libyen zum Beispiel arbeitet das Team unter extremem Stress, die hören immer wieder Schüsse und kriegen den ganzen Tag über von schweren Schicksalen erzählt. Da müssen unsere Partnerinnen lernen, sich selbst zu schützen, durch Self Care wie Yoga oder Reflexion. Außerdem trainieren sie, wie man Probleme erkennt und wie man sich selbst bei sekundären Traumata hilft, also ausgelöst von dem, was jeden Tag gehört und gesehen wird.

Die betroffenen Frauen kommen nicht einfach so zu uns. Auf der einen Seite wissen sie oft nicht, dass sie psychologische Hilfe in Anspruch nehmen können, und dann wollen die Männer das oft auch nicht. Wir schaffen deshalb ein Weiterbildungsangebot wie Näh-, Englisch- oder Handyreparaturkurse. Wenn die Frauen dann bei uns im Zentrum sind, können sie Hilfe in Anspruch nehmen. Bei sexueller oder häuslicher Gewalt braucht es sehr viel Zeit und Vertrauen, damit sich die Betroffenen uns öffnen.

Unsere Partnerinnen gehen aber auch aus den Zentren raus in Flüchtlingslager. Dort verteilen sie Hygiene-Kits, fangen dabei Gespräche an und laden zu Workshops ein. In denen werden die Frauen dafür sensibilisiert, wo ihre persönlichen Grenzen sind und was ein sexueller oder häuslicher Übergriff ist, bevor ihnen erklärt wird, wohin sie sich wenden können.

Schwierig ist, dass wir oft das Gefühl haben, gegen Windmühlen zu kämpfen. Unsere Partnerinnen leisten wichtige Arbeit, aber es fühlt sich häufig an wie ein Tropfen im Ozean. Das zeigt uns immer wieder, dass es noch viel Arbeit und Anstrengung braucht für das Ziel, Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen. Aber es gibt auch Erfolge, die erlebt werden dürfen, wie etwa ein tolles Feedback der Frauen.“

Foto: © herz