Erotik und Nudelsalat: So war’s auf der Indie-Porn-Night Kultur | 13.07.2023 | Pascal Lienhard

Ein voller Hörsaal der Uni Freiburg Der Schein trügt: Anstelle von Mitochondrien werden im Biologie-Saal heute Pornos betrachtet.

Pornos sind überall. Ein Viertel aller Suchanfragen im Netz haben mit den frivolen Filmchen zu tun. Auf die Watch-List für einen Filmabend unter Freunden schaffen es die Streifen hingegen selten. Doch Ende Juni flimmern sechs Pornos über die Leinwand eines Freiburger Hörsaals. Mit dem Kollektiv Feuerzeug hat der aka-Filmclub zur zweiten Indie-Porn-Night geladen.

Wenn es schon im Fußball nicht läuft, kann sich Deutschland anderswo über einen Spitzenplatz freuen: Laut Angaben der Techniker Krankenkasse von 2021 entfallen 12,4 Prozent des globalen Internet-Porno-Traffics auf die Bundesrepublik. Den höchsten Konsum pro Kopf hat Hamburg.

Auch der Süden ist nicht prüde. Zum zweiten Mal wird in einem Hörsaal im Freiburger Institutsviertel dem kollektiven Pornokonsum gefrönt. Rund 400 Gäste sind der Einladung des studentischen aka-Filmclubs zur Indie-Porn-Night gefolgt.

20 Minuten vor Filmstart herrscht lockere Stimmung. Der Großteil der Besucher·innen ist als Gruppe aufgeschlagen. Frauen sind leicht in der Mehrheit. Ein Besucher verdrückt den mitgebrachten Nudelsalat, an anderer Stelle liegt eine Wassermelone parat, es werden Gruppen-Selfies gemacht. Ob die in einer Whatsapp-Familiengruppe landen, ist fraglich.

Maike und Peter, frisch aus Berlin in den Breisgau gezogen, schauen zum ersten Mal in einem Kino mit anderen Leuten Pornos. Doch das in einer „hetero-normativen offenen Beziehung“ lebende Paar wirkt nicht gerade schüchtern. „Ich möchte angeregt und erotisiert rausgehen“, sagt Maike.

Kira Kurz von Feuerzeug

Triggerwarnung: Kira Kurz von Feuerzeug

In der letzten Reihe haben es sich Kathi und Lisa gemütlich gemacht. Sie gehören zum Sexshop- und Bildungskollektiv „Erogene Zone“. Für den Abend haben sie sich mit Chips eingedeckt. Auch für sie ist das Event eine neue Erfahrung. „Wir bleiben hinten sitzen, da haben wir einen besseren Überblick, wie die Leute reagieren“, sagt Lisa und lacht.

Die sechs Filme hat das Team von Feuerzeug ausgesucht. Das Freiburger Kollektiv steht für faire, feministische Pornos. In ihren Produktionen legt die Gruppe Wert auf realistische Darstellungen von Sexualität und faire Bedingungen am Set. Zudem wird auf herabwürdigende Darstellungen verzichtet. Das hat Erfolg: Eine Feuerzeug-Produktion wurde auf einem Festival in Basel mit dem Preis für den „Best Porn Short“ ausgezeichnet. „Mit unseren Vorführungen wollen wir zeigen, wie viele unterschiedliche Pornos es gibt“, erklärt Mitgründerin Kira Kurz vor Beginn des Freiburger Events. Auf Hardcore-Inhalte, etwa BDSM, verzichte die Gruppe allerdings.

Still aus Feuerzeug-Produktion

Erfolgreiche Produktion: Szene aus der preisgekrönten Feuerzeug-Produktion „2 or 3 things I like about him…“

Als Kurz vor den Filmen eine Triggerwarnung ausspricht, geht doch tatsächlich ein leises Raunen durch den Saal. Unter anderem werden Straps, Oral- und Analsex zu sehen sein. Spätestens jetzt weiß jeder, worauf er sich eingelassen hat. Dann geht das Saallicht aus, es wird mucksmäuschenstill. Der erste Film ist künstlerisch angehaucht und arbeitet mit Licht auf einem nackten Frauenkörper. Wie viele Backen rot anlaufen, wer weiter Wassermelonen futtert oder was sonst passiert – das lässt sich in der Dunkelheit nicht ausmachen.

Es braucht eine Weile, bis das Publikum auftaut. „Zu Beginn ist die Stimmung etwas unsicher“, erklärt Kurz. Die Promotionsstudentin kennt sich aus: Zwei- bis dreimal im Jahr veranstaltet Feuerzeug solche Events. „Wir bauen auch lustige Elemente ein, das löst die Stimmung“, erklärt die 29-Jährige. Schon beim zweiten Streifen wird gelacht. Irgendwie geht es da um ein Spargel-Komplott und fliegende Rucksäcke.

Nach rund 90 Minuten endet der etwas andere Filmabend. Vor dem Hörsaal sammeln sich Gruppen, sie analysieren die Filme und den gemeinsamen Pornokonsum. Eine Besucherin zieht ein nüchternes Fazit: „Zum Glück war die Stimmung nicht so angesext. Das wäre komisch gewesen.“

Fotos: © aka-Filmclub, Feuerzeug

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