Spiel mit der Nostalgie: „Sammelfieber“ im Stühlinger ist auf alte Videospiele spezialisiert STADTGEPLAUDER | 13.08.2018 | Philip Thomas

Über Lavagruben und fleischfressende Pflanzen müssen Spieler und Sammler im Laden von Wolfgang Ludwig nicht springen. Ähnlichkeiten mit einem Level aus den zahlreichen Videospielen, die dort lagern, hat das „Sammelfieber“ dennoch.

Vorbei an kleinen und großen Monstern, Karatekämpfern, Klempnern und Rittern schlängelt sich mitten in Freiburg ein schmaler Pfad in eine andere Welt. Dort schlummert zwischen ausgeblichenen Videospielen, Kassetten, vergilbten Comics und Actionfiguren so mancher Schatz.

„Ich erkenne ein Schnäppchen, wenn ich es sehe“, sagt Ludwig inmitten seiner Raritäten. Oft suche er für sein Geschäft Flohmärkte nach Spieleperlen ab. „Da heißt es nicht zögern, sondern zuschlagen“, sagt der 65-Jährige. Wie viele Spiele mittlerweile genau in seinem Laden stehen, liegen und baumeln, wisse er selbst nicht mehr genau. Auch Kuriositäten gibt es im Angebot: Auf einem Regal über der Tür sitzt eine ganze Batterie rosafarbener Duracell-Hasen aus Plüsch.

Tatsächlich sind einige Videospiele kleine Wertanlagen: Mega Man X3 erschien 1995 für den Super Nintendo. Diesen Titel habe Ludwig vor einigen Jahren für 150 Euro gekauft und für 300 wieder verkauft. Heute ist eine Kopie 1000 Euro wert. Das ist längst nicht der Highscore: 2014 erreichte ein seltenes Nintendo-Spiel bei einer Internetauktion einen Wert von 100.000 Dollar. Bei Ludwig gibt es die meisten Spiele für einen Taschengeld-Preis. Viele Kunden würden ihre Fundstücke lieber noch benutzen, statt sie in einer Vitrine verstauben zu lassen.

Hier schlummern Schnäppchen und Sammlerstücke: Wolfgang Ludwig spielt trotz dieser Auswahl am liebsten Tetris.

„Ab und zu kann man noch Schnäppchen machen, weil sich Leute nicht kundig machen“, sagt er. Die Unwissenheit auf dem Markt sei groß. Ausnutzen würde der Experte das aber nicht: „Ich ziehe niemanden über den Tisch und zahle prozentual zum Wert“, beteuert Ludwig. „Deswegen sind wir auch seit 20 Jahren hier. Man sieht sich im Leben immer zwei Mal.“ In der Anfangszeit habe er viele Dinge unter Wert verkauft. „Da ist mir einiges durch die Lappen gegangen“, erinnert sich Ludwig, der auch selbst gerne mal zum Game Boy greift.

Seitdem hat Ludwig viele Sammeltrends überstanden, die sich als Blase entpuppt haben. Tamagotchis, Superheldencomics und Ü-Eier könnten Sammler wegen der vielen Fälschungen heute vergessen. „Ich habe den Umbruch auf Games geschafft, die gehen gut.“

»Onlineverkauf macht mir keinen Spaß«

Genau wie seine Spiele benötigt auch Ludwig keine Internetverbindung: „Ich kaufe nichts auf Ebay“, sagt der Inhaber. Seine Geschäfte wickle er lieber über die Theke seines Ladens ab – vorausgesetzt man wird sich einig. „Manchmal wäre es schon besser, Sachen auch ins Internet zu stellen“, überlegt Ludwig, der online aber auch schon betrogen wurde. „Das ist mir zu kompliziert und es macht keinen Spaß.“ Vom Game Over ist sein Laden noch entfernt. Eine Bestandsgarantie habe er aber nicht. „Wir müssen jedes Jahr gucken“, sagt er. In vier Jahren läuft der Mietvertrag aus. „Dann ist wahrscheinlich Schluss.“

Nach Fußballstickern suchen Sammler in Ludwigs Laden auch im WM-Sommer vergeblich: „Panini verkaufen wir nicht mehr. Die Kicker wurden millionenfach gedruckt, damit haben wir keinen Gewinn gemacht.“ Überhaupt hätten die Abziehbilder dem Sammler nur Ärger eingebracht. „Wir hatten mal eine 3:1-Eintauschaktion“, erinnert sich Ludwig, „das fanden viele Mütter aber unfair und haben sich bei mir beschwert.“ Mit dem Schlusspfiff des Finalspiels sei auch die Nachfrage nach den Bildchen vorbei: „Nach der WM habe ich immer alle Bilder weggeschmissen.“

Kundschaft betritt den Laden. Man kennt sich. Robin Werner ist 15 Jahre alt und kommt mit seiner Mutter einmal im Monat in Ludwigs Spiele-Kabinett. Schnell wird gefachsimpelt: „Für Final Fantasy VII braucht man eine Memory Card, deswegen vielleicht doch lieber Halo?“, überlegt der Schüler laut. Metal Gear Solid soll es schließlich sein. Ein Klassiker, aber eben kein Sammlerstück. Das Spiel ist 1998 erschienen und damit fünf Jahre älter als Robin. Sein Vater spiele aktuell den fünften Teil der Serie für die neueste Konsolengeneration. Ganz so weit ist der Sohnemann noch nicht: „Wenn ich da die Story verstehen will, muss ich schon beim ersten Teil anfangen.“

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