„Bis Späti“ vor dem Aus: Freiburger Nachtkiosk droht Alkoholverkaufsverbot Szene | 22.03.2021 | Till Neumann

Kämpft ums Überleben: Der "Bis Späti" in Freiburg - Treffpunkt für viele junge Menschen

Erst kam der nicht verlängerte Mietvertrag des Freiburger Nachtkiosks „Bis Späti“. Dann ein drohendes Alkoholverkaufsverbot ab 22 Uhr aus dem Rathaus. Aufgeben möchte das 13-köpfige Kollektiv dennoch nicht. Es kämpft juristisch gegen das Verbot und hofft auf einen neuen Standort ab Juni.

Vorwurf, das Rathaus würde „nachtreten“

Nicht nur am Kiosk im Stühlinger kochen die Emotionen hoch. Auch im Gemeinderat gibt’s einen Schlagabtausch: Aufgrund des drohenden Alkoholverbots für den „Späti“ hat die JUPI-Fraktion einen offenen Brief an Oberbürgermeister Martin Horn geschickt. Sie bittet darin, das Alkoholverkaufsverbot ab 22 Uhr zurückzunehmen.

Verärgert: Esther Hauth vom „Bis Späti“

Die Gemeinderatsmitglieder kritisieren, die Verwaltung würde „in einem Konflikt noch mal nachtreten“. Eine kleine Gruppe Anwohner·innen habe ihren Willen, wie so oft, durchgesetzt. Die Freien Wähler antworten in einer schriftlichen Stellungnahme: „Unsere Fraktion verwahrt sich gegen den Eindruck, dass es in dieser Stadt eine ‚gekaufte Gerechtigkeit‘ gibt.“ Leider würden in dem Brief die schützenswerten Belange von in der Nachbarschaft lebenden Menschen nicht mit einem Wort erwähnt. Eine „einseitige Sicht“ sei das.

„Todesurteil für unseren Laden“

Esther Hauth, Sprecherin des „Späti“, macht die Lage betroffen: „Statt kreativer Lösungen gibt es geschäftsschädigende Verbote, die Freiburger·innen erneut einen Platz des Nachtlebens nehmen.“ Für die 32-Jährige ist klar: Das Alkoholverkaufsverbot ab 22 Uhr wäre ein „Todesurteil für unseren Laden“.  Mehr als die Hälfte des Umsatzes generiere der Kiosk mit dem Verkauf von Bier und Co.

Daher hat sich das Kollektiv Heiko Melcher als Anwalt genommen. Der Freiburger – einst Vertreter der klagenden Anwohner·innen vom Augustinerplatz – hat bereits erreicht, dass das Alkoholverbot nicht seit dem 15. März greift, sondern erst, wenn das Urteil fällt. Das soll am Mittwoch, 24. März, passieren. Hintergrund sind Beschwerden von Menschen aus der Nachbarschaft – und konkret die Klage eines Anwohners. Seit der Eröffnung im Mai 2019 gibt es Diskussionen um Lärm am Kiosk und dem nahe liegenden Lederleplatz.

Vermieter verlängert Vertrag nicht

Muss schließen: der „Bis Späti“ in Freiburg

Zu alledem kommt, dass der Späti-Vermieter den Vertrag nicht verlängert hat. Offenbar auf Druck des klagenden Anwohners, wie Hauth berichtet. Der habe diesem mit einer Klage gedroht und der Vermieter daraufhin einen Rückzieher gemacht. Mitte Juni muss der Laden an der Eschholzstraße damit schließen – Alkoholverkauf hin oder her. Für das Späti-Team ist das doppelt bitter. Denn der Plan war, mit den Umsätzen in den kommenden Wochen Rücklagen für den aufwendigen Umzug zu sammeln. Dass das Alkoholverbot nun kommen soll, obwohl der Auszug eh klar ist, sorgt für viel Unverständnis.

Ob es weitergeht, weiß Esther Hauth nicht. Ideal wäre eine Gaststätte in zentraler Lage. Auf Unterstützung vom Rathaus hoffen sie nicht. Und die Vermieter-Suche ist bei den Lärmdiskussionen nicht einfacher geworden. Der Rückhalt ist für Hauth aber da: „Hier stehen die Interessen einer kleinen Gruppe Anwohner·innen gegen die einer große Gruppe glücklicher Kund·innen.“ Von vielen Anwohner·innen bekomme ihr Team sehr positives Feedback.

Für das Späti-Kollektiv ist jedenfalls klar: Der Vorgang sei ein „Armutszeugnis für das Nachtleben Freiburgs“. Erneut schließe ein Teil davon ohne eine Alternative. Für einen möglichen neuen Standort würden sie am liebsten im Stühlinger bleiben. Auch weniger zentral gelegene Stadtteile seien aber möglich, sagt Hauth. Ausgeschlossen ist hingegen, was dem Team von Kritikern bereits nahe gelegt wurde: ein Späti im Industriegebiet.

Fotos: © Bis Späti

Freiburg und der Lärm: Späti, Lederle Platz und der Augustiner