Willkommen! Der Storch kehrt in den Breisgau zurück STADTGEPLAUDER | 13.05.2019 | Frank von Berger

Storch

Lange Zeit war der Storch in der Region fast verschwunden. Doch seit Naturschützer sich um den Erhalt der Art kümmern, hat die Zahl der Brutpaare im Breisgau wieder zugenommen.

„Auf unsrer Wiese gehet was, watet durch die Sümpfe, es hat ein weißes Röcklein an, trägt auch rote Strümpfe …“ Ein altbekanntes Kinderlied erinnert daran, dass Störche früher ein fester Bestandteil der hiesigen Kultur waren. Die etwa einen Meter großen Vögel haben ein charakteristisches weiß-schwarzes Gefieder, einen kräftigen, spitzen roten Schnabel und lange rote Beine. Der Klapperstorch soll angeblich die Babys bringen und heißt so, weil die Tiere bei der Balz, der Begrüßung des Partners und zur Abwehr fremder Artgenossen, laut mit dem Schnabel klappern. Der Storch kündigt durch seine Rückkehr aus dem Süden aber auch den Beginn der Frühlingszeit an.

In den vergangenen Jahrzehnten hatte sich Ciconia ciconia, so der zoologisch korrekte Name des Storchs, in der REGIO jedoch rar gemacht. Trocken gelegte Wiesen und die zunehmende Industrialisierung der Landwirtschaft haben ihm den Lebensraum streitig gemacht. Um 1975 gab es in ganz Baden-Württemberg nur noch 15 Brutpaare. Umso erfreulicher, dass Meister Adebar, wie der Storch in der Fabel genannt wird, am Oberrhein wieder öfter zu beobachten ist.

Zu verdanken haben die Störche das vor allem Naturschützern. Der Verein „SOS-Weißstorch-Breisgau“ wurde im Jahr 1995 von engagierten Bürgern gegründet und 2013 in „Weißstorch-Breisgau e. V.“ umbenannt. Der Namenswechsel erfolgte, weil die Störche in der Region nicht mehr gerettet werden müssen, sondern inzwischen wieder eine verlässliche Population bilden. In den 1990er-Jahren, als es bei den Störchen noch nicht ganz so gut aussah, begann man in der Storchenstation Reute bei Freiburg Jungvögel aufzuziehen.

Zahlreiche freiwillige Helfer unterstützen den Verein bis heute. Gustav Bickel, Vorsitzender des Vereins, sagt: „Wir versuchen, in jeder Ortschaft, in der sich ein Storchennest befindet, jemanden zu finden, der sich verantwortlich fühlt und ein Auge auf das Brutgeschehen hat.“ Webcams an zahlreichen Nestern unterstützen die Arbeit der Ehrenamtlichen.

Von 1985 an ging es mit damals 35 Brutpaaren dank der Schutzmaßnahmen mit der Storchenpopulation stetig bergauf. Nachdem 2017 das nasskalte Frühjahr viele Ausfälle bei der Storchenbrut zur Folge hatte, war das darauffolgende Jahr für die Störche dann ein sehr gutes. Es wurden 245 Jungstörche im Breisgau gezählt, so viele wie nie zuvor. Davon wuchsen 34 in der Storchenstation in Reute auf und konnten später in die Freiheit entlassen werden.

Storch-und-Junges

Weißstörche gab es in der REGIO früher überall. Nester dieser schönen Schreitvögel zieren heute wieder so manchen Kirchturm.

Allein auf dem Freiburger Mundenhof zählte man 2018 insgesamt 15 Nester und 32 Jungtiere. In ganz Baden-Württemberg verzeichnete man eine Zunahme auf mehr als 600 Brutpaare. „Die meisten der hier aufgezogenen Jungstörche siedeln sich später auch in der Region an“, erklärt Bickel und versichert: „Die Störche haben im Breisgau jetzt eine sichere Zukunft.“

Glücksbringer im Elsass

Im Elsass ist der Storch übrigens so etwas wie der Nationalvogel. Er gilt als Glücksbringer, setzt aber die Babys nur dort ab, wo er noch Elsässisch reden hört, eben „wie d’r Schnawwl g’wachse isch“ – sonst fliegt er weiter. Dass der Weißstorch zum Elsass gehört wie Fachwerk, Sauerkraut und Gugelhupf, kann man unschwer in den Souvenirshops von Colmar, Straßburg oder Mulhouse sehen. Auf Postkarten, in Plüsch oder auf Kaffeebechern – Störche reisen vom Elsass aus oft als Mitbringsel bis nach Japan und in die USA.

In Wirklichkeit reisen unsere Störche übrigens im Herbst über die „Westroute“, meistens über Frankreich und die Pyrenäen, bis ins südliche Spanien, nach Portugal oder ins westliche Nord-afrika. Dort überwintern sie, weil sie in milden Gefilden eher Nahrung finden als nördlich der Alpen. Störche aus östlichen Regionen Deutschlands und Europas wählen die „Ostroute“ über den Balkan, den Bosporus und das Jordantal bis nach Ost- und Südafrika.

Manche Störche bleiben allerdings auch im Winter in ihren Brutgebieten, was man auch im Breisgau immer wieder beobachten kann. Bickel erinnert sich: „In den 1990er-Jahren waren es bis zu 30 Störche, die den Winter hier verbrachten. Aktuell wissen wir von 16 Hierbleibern.“ Meist handelt es sich dabei um ausgewilderte Tiere, die an den Menschen gewöhnt sind und ein gestörtes Zugverhalten aufweisen. Glücklicherweise können sie durch Zufüttern der Storchenpaten die Winter hierzulande gut überstehen. Meister Adebar wird deshalb hoffentlich in der REGIO weiterhin und immer öfter zu sehen sein.

Info

Eine Übersicht der aktuellen Storchennester findet man auf der Website des Vereins, www.weisstorch-breisgau.de. Dort sind auch die Standorte der Webcams genannt, die zur Brutzeit das Geschehen bei der Aufzucht der Jungvögel überwachen und allen Interessierten live einen intimen Blick in die Nester gestatten.

Fotos: © Frank von Berger