FRezi: Spielball der Ideologie? – Ende einer Legende 4Literatur & Kolumnen | 02.03.2025 | Erika Weisser

Spielball der Ideologie?

„Der SC als Verein der kleinen Leute aus dem Arbeiterviertel Stühlinger, der treu zur Republik stand und sich nach 1933 in Opposition zum Nationalsozialismus begab“ – diese Darstellung, schreiben die Autoren im Resümee, gehöre in das Genre der Legenden.

Wie auch die lange tradierte Behauptung, dass das Regime sich für diesen Widerstand rächte und 1937 das zehn Jahre zuvor errichtete Wintererstadion abreißen ließ, eine durch nichts begründete Erzählung sei. Robert Neisen und Andreas Lehmann weisen dies auch nach: In einer sorgfältig recherchierten Untersuchung über die Entwicklung des Vereins von 1918 bis 1945 liefern sie Belege dafür, dass der Verein „nur scheinbar unpolitisch war“ und dass er sich – bereitwillig – für die Ziele des NS-Regimes instrumentalisieren ließ. Und dass einer ihrer Stars, Hans Baumgart, 1933 Mitglied von NSDAP und SS wurde und zum Leiter des KZ-Außenlagers Karlshagen bei Peenemünde aufstieg, wo er 1943 für die Hinrichtung zweiter Mitglieder der französischen Réseau Alliance verantwortlich war.

Und nicht zuletzt, dass das Wintererstadion am östlichen Ende des Flugplatzes nur abgerissen wurde, weil es dem für den geplanten Luftkrieg benötigten Ausbau im Weg stand. Kein leichter, doch sehr erhellender Stoff.

Spielball der Ideologie?

Spielball der Ideologie?
von Robert Neisen und Andreas Lehmann
Verlag: Herder 2024
284 Seiten, gebunden
Preis: 25 Euro