Wildes Märchengeschnetzel 4Literatur & Kolumnen | 19.11.2024 | Erika Weisser
Was vor 40 Jahren als Familien-Gute-Nacht-Geschichte begann, kommt nun auf den Buchmarkt: Franz Handschuhs Comic über eine Oma, die sich weder von ihrer Hausmaus noch von allerhand unverhofften Zaungästen von einem schönen Leben abhalten lässt. Eine ziemlich schräge Geschichte hat sich der ehemalige Kunst-Fachbereichsleiter der Volkshochschule Freiburg da ausgedacht.
Ein „anarchisch-lustvolles Märchengeschnetzel“ nennt er sein Werk, das er in den 1980ern für seine Kinder erfunden und gezeichnet hat. Es beginnt harmlos mit einer fernsehenden Großmutter, die täglich Zeitungs-Todesanzeigen studiert und dabei Haselnusskuchen isst. Doch die Ohrensessel-Gemütlichkeit wird ausgerechnet an ihrem 80. Geburtstag jäh unterbrochen, als eine Maus herbeiflitzt und sich ein paar Krümel schnappt.
Vom Mäuse-Jagdfieber gepackt, vergisst die Oma das auf dem Herd köchelnde Suppenhuhn – und wirft das beinharte Ding dann kurzerhand aus dem Fenster. Dabei trifft sie den just in diesem Moment mit seinem Schwein des Wegs kommenden glücklichen Hans so unglücklich am Kopf, dass dort eine knallrote Riesenbeule erblüht. Diese hält ein kurzsichtiger Jäger für Rotkäppchens Käppchen und freut sich, dass das Mädchen und die Oma wohlauf sind.
Die hat die Maus inzwischen gefangen – und tauscht sie gegen Hans’ Schwein. Mit dem Plan, es an ihrem 100. Geburtstag den Jubelgästen als saftigen Braten zu kredenzen. Hans zieht mit der Maus weiter – und gerät kurz darauf unter die Pfanne von Omas Zwillingsschwester Bolte, die das seltsame Gespann für Haselnusskuchendiebe hält und vertreibt. Auf ihrer Flucht schließen die beiden sich anderen Flüchtenden an, die im Pick-up des gestiefelten Katers unterwegs nach Bremen sind – und dort krachend scheitern. Völlig zerlumpt kehren sie irgendwann zurück und finden eine 200-jährige Oma, die Farbfernsehen schaut und am Laptop Todesanzeigen studiert.
Gut, dass Handschuh diesen aberwitzigen Comic wieder aus der Schublade geholt und „mit Schere, Klebstoff und Tipp-Ex“ eine neue und sehr schrille Version davon geschaffen hat.
Oma reicht’s jetzt!
von Franz Handschuh
Verlag: Drey Verlag, 2024
32 Seiten, gebunden
Preis: 15 Euro