Advantage Open-Space? – Neues Forschungsprojekt untersucht Auswirkungen Bauen & Wohnen | 20.02.2020 | chilli

Wenn heute Bürogebäude um- oder neu gebaut werden, entstehen immer öfter sogenannte Open-Space-Arbeitswelten. Wissenschaftler vom Verbundprojekt PRÄGEWELT haben jetzt untersucht, wie sich dieses Bürokonzept auf Wohlbefinden und Arbeit der dort Arbeitenden auswirkt. 

An dem Projekt sind neben der Freiburger Universität das Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. München (ISF München) und die beiden Unternehmen RBS München und AECOM München beteiligt. „In unserer Online-Befragung zeigte sich, dass eine knappe Mehrheit mit der neuen Arbeitsumgebung zufrieden oder sogar sehr zufrieden ist. Die allermeisten Befragten sehen jedoch sowohl Vor- als auch Nachteile“, sagt Wirtschaftspsychologin Cathrin
Becker von der Uni Freiburg. Ein Viertel der Befragten sei hingegen sehr unzufrieden. Für die Analyse haben Forschende aus den Fachgebieten Soziologie, Psychologie und Architektur zusammengearbeitet und in acht Betrieben, in denen es bereits Open-Space-Büros gibt, Fallstudien durchgeführt.

Ziel war es, auf dieser Basis Ansätze für eine gesundheitsförderliche Gestaltung von Open-Space-Büros zu entwickeln und herauszufinden, welche Faktoren die Zufriedenheit der Beschäftigten beeinflussen. Dazu führten die Wissenschaftler Expertengespräche, Intensivinterviews und erhoben anhand einer Online-Befragung Daten, etwa zu den Arbeitsbedingungen, der Raumbewertung und -nutzung.

Aus Sicht der Forschenden wird das betriebliche Büro wegen der zunehmenden Digitalisierung nicht an Bedeutung verlieren, sondern „als sogenannter Hub, in den alle immer wieder zurückkehren, sozusagen als soziale Heimat weiterhin genutzt werden“, wie Becker erläutert. 62,5 Prozent der Befragten haben angegeben, dass für ihre Tätigkeit in den nächsten zehn Jahren weiterhin ein Büroarbeitsplatz bei ihrem Arbeitgeber notwendig sein wird. „Dieses betriebliche Büro wird dann eher ein Open-Space-Büro sein, trotz Nachteilen und Belastungen“, so Nick Kratzer vom ISF München.

Das Konzept habe Vor- und Nachteile, die in Form dreier Spannungsfelder von den Beschäftigten als belastend und herausfordernd erlebt werden: Zum einen soll das Open-Space-Büro Kooperation fördern, gleichzeitig aber auch konzentriertes Arbeiten ermöglichen. Des Weiteren soll es Offenheit durch Transparenz und Sichtbarkeit bieten, muss aber auch Vertraulichkeit erlauben. Und letztlich soll es Flexibilität gewährleisten, muss aber auch Optionen für Individualität beinhalten.

Um Open-Space-Büros weithin erfolgreich auch in Hinblick auf Gesundheit und Arbeitsleistung etablieren zu können, braucht es aus Sicht der Forschenden die nötigen Ressourcen und Optionen: von der individuellen Fähigkeit, sich zu konzentrieren oder lieber abzuschotten, über Ressourcen wie Trennwände und Kopfhörer sowie unterschiedliche Raumoptionen. Dazu gehören Rückzugsräume und Telefonboxen ebenso wie die Möglichkeit, ins Home-Office zu gehen. „Der Umgang mit dem Konzept ist nicht allein eine Frage des Verhaltens oder von Regeln, sondern es müssen bestimmte Lernprozesse zielgerichtet von organisatorischer Seite unterstützt werden“, fügt Becker hinzu.

Die Abkürzung PRÄGEWELT steht für „Präventionsorientierte Gestaltung neuer Open-Space-Arbeitswelten“ und ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreutes Projekt.

 

Foto: © Christoph Duepper / Streit Service & Solution