Windkraftmacher Andreas Markowsky veröffentlicht mit »Klimaschänder« erstmals ein Buch Bauen & Wohnen | 01.03.2022 | Lars Bargmann

Freiamt Energiewende in Freiamt: Auf der Gemarkung stehen sechs Windräder, die jedes Jahr den Ausstoß von 20.000 Tonnen CO2 verringern. Und der schönen Landschaft auch nicht viel anhaben können.

Groteskes von den Höhenzügen: Viel heiße Luft statt frischer Wind – Das Jahr 2021 war in Deutschland beim Ausbau der Wind­energie das schlechteste seit der Jahrtausendwende. Bundesweit gingen 460 neue Windräder ans Netz. In Baden-Württemberg waren es 28. Die grün-schwarze Landesregierung hat im Koalitionsvertrag das Ziel von 1000 neuen Windrädern bis 2026 ausgegeben. Zyniker mögen sich fragen: Wie weit darf Satire gehen?

Andreas Markowsky, seit 35 Jahren Geschäftsführer der Freiburger Ökostromgruppe und überzeugter Windkraftmacher, hat jetzt ein Büchlein über die Verhinderer in den Amtsstuben geschrieben. Es heißt „Klimaschänder“. Der renommierte Umweltexperte Dieter Seifried beginnt seine Einleitung so: „So unglaublich die folgenden Geschichten sind – so wahr sind sie.“

1000 neue Windräder bis 2026. Als die Grünen im Ländle – pardon, The Länd – 2012 die Macht übernommen hatten, hatten sie zusammen mit der SPD das Ziel von 1200 neuen Windrädern ausgegeben. Bis 2020. Den vollmundigen Worten folgten kaum Taten. Nicht nur, aber auch deswegen, weil bei der Genehmigung von neuen Anlagen Behörden viel zu oft Beton anrühren.

Ein Beispiel: Der Bau von einem Windrad auf dem Schönberg-Gipfel scheiterte vor 20 Jahren unter anderem an einer „optischen Konkurrenz zu einem Kulturdenkmal“, wie ­Markowsky zitiert. Nein, damit war nicht die Burgruine Schneeburg gemeint, sondern eine „ehedem befestigte Höhensiedlung der Hallstatt-Kultur“ – zwei Meter unter dem Bergrücken. Wohl keine Mauern mehr, eher Scherben. Die Augen möchte man haben, die diese optische Konkurrenz ertragen müssen.

In einem der Redaktion vorliegenden sechsseitigen Schreiben des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 10. Februar 2010 heißt es nicht nur, dass der SWR-Sendemast auf dem Gipfel eine „marginale Vorbelastung“ sei, die nicht zugunsten der Windkraft gewertet werden könne, es heißt dort auch, dass die „Horizontallinie des Schönbergs in verschiedene Richtungen … negativ verändert“ werden würde. Das ist so. Ähnlich verhält es sich ja beim Aufstellen einer Holzhütte in einem Kleingarten.

Trittschall durch Windrad-Touristen, die Mikroorganismen im Waldboden stören, Fledermäuse im Grundbuch, Infra­schallphobie, Schreck für Wanderer – die kuriose Liste der Einwände von Windkraftgegnern in Bürgerschaft und Amtsstuben ist lang. Mit rechtsstaatlichem Grundvertrauen ganz schwer zu verdauen ist die Geschichte eines vermeintlichen Auerwild-Kotfundes am Gütschkopf im Ortenaukreis.

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) mit Sitz in Freiburg teilte der Ökostromgruppe im Juni 2016 – kurz vor der Baugenehmigung – mit, dass bei einer Fahrt mit Mitarbeitern von Regierungspräsidium und FVA am Rande eines Parkplatzes Kot gefunden, gesichert und gentechnisch untersucht werde. Im April 2017 schrieb die FVA einem Anwalt der Ökostromgruppe dann, dass der Kot nicht ausgehändigt werden könne, weil er im Juni 2016 gar nicht mitgenommen worden wäre. Trotzdem wurde die Windkraftanlage mangels Genehmigung nie gebaut.

Aktuell drehen sich im Länd 780 Windräder (in Niedersachsen sind es 6500). Wenn das Ziel der Bundesregierung, dass bis 2030 rund 80 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren Energien fließen soll – heute sind es etwa 50 – sich nicht wieder nur als heiße Luft entpuppen soll, müsste sich in den Köpfen grundlegend was tun: in genehmigenden Behörden, aber auch bei den Bürgern.

Andreas Markowsky | Klimaschänder – Gewinner von gestern, Loser von morgen | Verlag: Selbstverlag/Nova MD | 72 Seiten
Preis: 10 Euro | www.klimaschaender.de

Foto: © Tanja Senn