Herzstück runderneuert: Die neue Traubenannahmestelle der WG Schliengen Freizeit in der Regio | 13.08.2022 | Dorothea Wenninger

Anbringung der großen Anlieferungswanne

Die Erste Markgräfler Winzergenossenschaft Schliengen-­Müllheim eröffnet ihre neue Traubenannahmestelle. Guter Wein ist auch Hightech.

Heiko Schapitz fällt ein Stein vom Herzen. Motoren, für die es keine Ersatzteile mehr gibt, wochenlanges Warten auf die Spezialanfertigung „historischer“ Bauteile: dieser „worst case“, die Befürchtung, dass mitten in der Erntezeit die Traubenanlieferungsanlage stillstehen könnte, weil einer der alten Motoren ausfällt, muss die Winzer aus Schliengen jetzt nicht mehr umtreiben. Nach 45 Jahren ließ die Erste Markgräfler Winzergenossenschaft Schliengen-Müllheim ihre Traubenannahmestelle rundum erneuern. Es war höchste Zeit für „das Herzstück unserer Traubenproduktion“, so Schapitz.

Mehr Möglichkeiten

Bislang brachten die Winzer ihre Trauben ausschließlich in den vielgesehenen «Badischen Einheitsbütten» – den silbernen Edelstahl-Bottichen – auf den Schlepper-Hängern in die WG. Per Kran wurden die Bottiche hochgehievt und so die Trauben in die Annahme eingebracht. Mit der neuen Konstruktion sind auch andere Konzepte schonenden Transports und qualitätsgerechter Verarbeitung möglich.

Zwei Ventile und Stahlrohrschweißnähte der Maischeverteilung

Diese Detailaufnahme zeigt zwei Ventile und fachmännische Stahlrohrschweißnähte der Maischeverteilung.

Die modernen Maschinen bilden die altbekannten Verfahren nach neuesten technischen Gesichtspunkten nach. Zuerst werden die Beeren vom Stielgerüst – alemannisch Rappen – getrennt. Über ein separates Transportsystem gelangen die Rappen zum Trester. Die gesammelten Abfallprodukte werden an Energieerzeuger abgegeben.

Die entstielten Beeren werden eine Etage tiefer gesammelt und gewogen. Das Wiegeergebnis ist einer der Höhepunkte des Winzerjahres – die Übersetzung der Arbeit des ganzen Jahres in zwei Zahlen: Kilogramm und Öchslegrad. Der Kellermeister bezeichnet die Beeren jetzt als Maische.

Ein handwerkliches Sahnestückchen ist auch die neue Maischeverteilung, über die der werdende Wein zu den Pressen geleitet wird: ein feines Netz anmutiger Edelstahlleitungen mit eleganten Parallelschwüngen.

Bauen im Krisenmodus

Die Weltlage zeigt sich auch im Kleinsten: In der neuen Anlage wurden 300 Meter Rohre aus Spezialedelstahl verbaut. Nur eine Woche nach dem Einkauf der Edelstahlrohre stieg der Preis um mehr als 9 Euro pro Kilo. Weniger Glück hatten die Schliengener beim Stahlkauf für ihren kleinen „Eiffelturm“ – die Stahlstütze, die die alte Betonsäule in der Halle ersetzte. Eine umfangreiche Statikprüfung brauchte eine Woche länger als vorgesehen – in der Zeit verteuerte sich der Baustahl um 5000 Euro.

Heiko Schapitz der neben der Abbeermaschine steht

Heiko Schapitz ist zufrieden mit der Abbeermaschine, die die Beeren von den Rappen trennt.

Guter Wein ist auch IT

Der Anschluss der Traubenannahme an die Warenwirtschaft der Schliengener vereinfacht auch das Verwalten: Jetzt wird automatisch dokumentiert, welche Traubencharge in welchen Flaschen gelandet ist.

Beruhigend auch am neuen System: Sollte die computergesteuerte Anlage Schwierigkeiten bereiten, genügt ein Anruf beim Servicetechniker. Der kann per Fernzugriff die Anlage wieder in Gang setzen, dazu muss er noch nicht einmal anreisen.

INFO:
Erste Markgräfler Winzergenossenschaft
Schliengen-Mülheim
Tel.: 07635 / 81120
www.sonnenstueck.de

Fotos: © Heiko Schapitz, Dorothea Wenninger