Digitale Medien für Kids Digitale Medien | 18.12.2020 | Arwen Stock

Kind

Alle haben schon ein Handy, nur ich nicht – diesen Satz hören Eltern oft ab der ersten Klasse. Wie Kinder Schritt für Schritt an eine kompetente Mediennutzung herangeführt werden, dafür gibt es laut der Medienreferentin Carmen Kunz kein Patentrezept. Die Eltern sollten sich für diese Bedürfnisse jedoch interessieren, die Nutzung begleiten und Vertrauen nicht verspielen.

Den Einstieg in die digitalen Medien vergleicht Carmen Kunz mit der Verkehrserziehung: Zuerst nimmt man das Kind an der Hand, dann darf es mit Helm Radfahren lernen, schließlich kann es allein losfahren. „Doch 100 Prozent schützen können wir unsere Kinder nicht“, betont die 47-jährige Diplom-Pädagogin, die beim Jugendhilfswerk in Freiburg als Medienpädagogin arbeitet und Referentin beim Landesmedienzentrum ist. Umso wichtiger sei es, selbst Vorbild zu sein und für jedes Kind das richtige Maß zu finden.

Erst schauen die Kinder Fotos, Videos auf dem Smartphone und Filme auf Tablet, Fernseher oder bei Streaming-Diensten, dann beginnt irgendwann im Grundschulalter die „erweiterte“ Nutzung des Tablets. Doch die Kinder sollten laut Kunz nicht mit den Geräten allein gelassen werden. Eltern können einen Familienbereich einrichten, sodass der Nachwuchs nur auf eine bestimmte Oberfläche kommt. Außerdem unterstützt die EU-Initiative klicksafe Eltern Schritt für Schritt, ihre Kinder an Internet, PC-Spiele, Smartphone und Apps heranzuführen.

Fürs Fernsehen verweist Kunz auf die App Flimmo, die das Programm bespricht und altersgerechte Empfehlungen bereithält. Auch die werbefreie App Youtube Kids sei für Grundschüler geeignet, ebenso die Lern-App Anton, die seit dem Lockdown vielen Eltern bekannt ist. Bei Spiele-Apps hilft die Seite des Deutschen Kindersoftwarepreises Tommi weiter. Dort werden auch für den Grundschulbereich geeignete Apps getestet. Was Suchmaschinen angeht, verweist Kunz auf Blinde Kuh und Helles Köpfchen. Googeln überfordere Kinder in vielerlei Hinsicht.

„Wenn ich fünf Minuten reinschaue, dann weiß ich sofort, um was es geht“, ermutigt Kunz Eltern, sich für die Inhalte, Filme und Spiele zu interessieren, die ihre Kinder nutzen wollen. Es sei wichtig, sich nicht den Zugang zum Kind zu verbauen – „denn dann verbaue ich mir für die Pubertät auch Möglichkeiten“. Zum ersten Handy oder Smartphone sagt Kunz: „Das brauchen Kinder im Grundschulalter nicht.“ Ein Tastenhandy mache ein Stück weit Sinn, ist vielen Kindern vor den Kameraden aber peinlich.

Ab Klasse 5 haben dann viele Schüler ein eigenes Smartphone. Zum geregelten Umgang damit empfiehlt sie Eltern, bei www.mediennutzungsvertrag.de reinzuschauen und gegebenenfalls einen mit dem Nachwuchs zu schließen. Kinder unter 16 brauchen die Zustimmung ihrer Eltern, um Whatsapp zu nutzen – deshalb ist ein Vertrag wichtig. In puncto Bildschirmzeit können sich Eltern an den Hinweisen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung orientieren. Außerdem sollte die Balance Schule, Sport, Musik, Freunde und Medien stimmen.

Dass sich Kinder durch Aufräumen oder gewünschtes Verhalten Medienzeit verdienen können oder diese bei Verstößen zur Strafe verboten wird, davon hält die Expertin nichts. Verbote seien auch deswegen kritisch, weil das Kind sich dann bei Cybermobbing eher nicht an die Eltern wendet. Wenn sich Eltern Sorgen machen, sollten sie unbedingt den Austausch mit anderen Eltern, Lehrern oder Vertrauenslehrern suchen.

Eine begleitete Mediennutzung im Elternhaus sei auch aus einem anderen Grund wichtig: „Es muss einem immer bewusst sein, dass man woanders die Nutzung nicht kontrollieren kann und das Kind irgendwann so kompetent sein sollte, dass es das Medium gut alleine nutzen kann.“ Sie plädiert für ein gemeinsames Entdecken und ein echtes Interesse an den vom Nachwuchs gewünschten Anwendungen. Ein eigenes Laptop sollte erst später Thema sein. 

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