Skateboard wird Korkenzieher – Handwerker Moritz setzt auf Upcycling Jobstarter | 04.10.2024 | f79

Im Jahr 2022 blieben von den 151.243 angebotenen Ausbildungsplätzen in überwiegend handwerklichen Berufen etwa 20.977 unbesetzt. Ein Negativrekord. Moritz Bacher aus Rosenheim ist dennoch leidenschaftlicher Handwerker. Er zeigt durch sein Engagement für das Handwerk und Upcycling, wie man in dieser Branche erfolgreich und kreativ tätig sein kann. Der gelernte Zimmerer macht aus alten Skateboards Möbel und Co. Im f79-Interview erzählt er, wie es dazu kam.
f79 // Moritz, wie haben dich deine Großeltern beeinflusst?
Moritz // Mein Opa ist Antiquar und hat viel mit alten Gegenständen und Möbeln zu tun gehabt. Meine Oma sammelt leidenschaftlich Stühle und zwei meiner Onkel sammeln und handeln hobbymäßig mit Antiquitäten. Ich denke, man kann sagen, dass ich Upcycler-Gene habe. Meine Eltern hingegen sind das Gegenteil; was nicht gebraucht wird, muss weg. Zum Glück haben wir viel Platz und eine große Scheune. So konnte ich schon früh beginnen, Dinge einzulagern. Mittlerweile sehen meine Eltern, dass Gegenstände und Möbel durch meine Arbeit ein neues Leben bekommen und oft schnell einen neuen Besitzer finden.
f79 // Wie kamst du auf die Idee, alte Skateboards upzucyceln?
Moritz // Zwei meiner großen Hobbys sind Skateboardfahren und Basteln mit Holz. Vor etwa fünf Jahren brauchte ich ein Geburtstagsgeschenk für eine Freundin. Ich baute einen Korkenzieher aus recycelten Skateboards. Das Feedback war so gut, dass ich begann, mehr alte und kaputte Skateboards upzucyceln und mir einen Social-Media-Account zuzulegen, um meine Leidenschaft zu teilen. Dort war das Feedback ebenfalls sehr positiv, was mich weiter motivierte.
f79 // Du bist gelernter Zimmerer. Welche Techniken aus dem Zimmererhandwerk wendest du bei der Restaurierung von Skateboards oder alten Möbelstücken an?
Moritz // Ich habe eine Zimmererlehre absolviert und anschließend Holztechnik in Rosenheim studiert. Beide Erfahrungen haben mir sehr geholfen. Ich habe den Umgang mit verschiedensten Werkzeugen gelernt und weiß, welches Werkzeug für welche Aufgabe am besten geeignet ist. Zudem habe ich ein Bewusstsein für die Gefahren bei der Verwendung von elektrischen Maschinen entwickelt. Mein Studium hat diese Kenntnisse vertieft. Bei der Restaurierung von Möbelstücken oder dem Neubau von Möbeln aus alten Skateboards greife ich gerne auf klassische Holzverbindungen zurück, die ihren Ursprung im Schreiner- beziehungsweise Zimmererhandwerk haben. Es macht Spaß und fordert sowohl Geist als auch Körper.
f79 // Wie siehst du die Zukunft des Handwerks in einer zunehmend digitalisierten und automatisierten Welt?
Moritz // Definitiv ein zweischneidiges Schwert. Man sollte als Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit der Zeit gehen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Das bedeutet, in neue Technik zu investieren und den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, sich fortzubilden. Trotzdem finde ich es wichtig, dass das Handwerk seine Traditionen bewahrt. Ohne Handarbeit geht es trotz CNC, Laser und 3D-Drucker nicht. Ich bin stolz darauf, Zimmerer zu sein, und finde, dass jeder handwerkliche Beruf ehrenwert ist. Jeder kann stolz darauf sein, etwas zu erschaffen, zu bauen oder zu kreieren.
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Foto: © Daniel Dückminor