Widerständige Visionäre: Freiburger erleben in 900 Jahren stürmische Zeiten Filmnews | 21.06.2022 | Erika Weisser

Dreharbeiten zur Szene „Erasmus verlässt die Stadt“

Wenn ein Projekt freiburgerisch genannt werden kann, so ist es der Film „Tun wir. Tun wir. Was dazu!“, der am 26. April Premiere im Harmonie-Kino feierte. Nicht nur der Anlass hatte mit Freiburg zu tun: Der Film entstand zum 900-jährigen Stadtjubiläum. Und nicht nur die Drehorte sind im Stadtgebiet, auch alle Beteiligten kommen aus Freiburg: die Autorinnen, Darsteller und Sprecher, der Filmemacher und auch der Komponist der Filmmusik.

Elf Menschen aus neun verschiedenen friedens-, gesellschafts- und umweltpolitischen Initiativen forschten mehr als zwei Jahre lang intensiv in Archiven über Frauen und Männer, die sich in den 900 Jahren für Frieden, Gerechtigkeit, Freiheitsrechte, für den Erhalt der Schöpfung einsetzten. Federführend waren dabei die Theologin und Kirchenhistorikerin Barbara Henze als Ideengeberin und der Lehrer Klaus Schittich vom Weltbürger·innenverein AWC, der die inhaltliche Arbeit koordinierte. Aus dem recherchierten Material entwickelten sie szenische Texte, die „sowohl historisch verbürgt als auch filmtauglich sein mussten“, so Schittich.

Engelsstatue mit dem Schriftzug "Peace!"

Zusammen mit dem Filmemacher Stefan Ganter bildeten die Mitwirkenden, die etwa bei Pax Christi, dem Freiburger Friedensforum, der DFG-VK, dem Eine-Welt-Forum oder den Ärtz·innen gegen den Atomkrieg engagiert sind, das Autor·innenteam12A*. Was dieses Team zustande brachte, ist sehr sehenswert.

Sie thematisieren, was in der Geschichtsschreibung oft zu kurz kommt: Verwaltungsbeamte mit weißen Fahnen. Bauern, die gegen die feudale Herrschaft aufbegehren. Demokraten, die 1848 die Badische Republik errichten wollen. Friedensaktivist·innen, die noch bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs pazifistische Reden halten. Menschen, die Widerstand gegen das NS-Regime leisten, die Verfolgte und Deserteure retten – und viele mehr.

Vier Personen mit aufgestellter Kamera auf dem Kanonenplatz

Durch den Film führen die jungen Schauspieler·innen Janou Iserloh und Sujit Kuruvilla. Sie gehen durch die Stadt, angetrieben von der Frage, ob es wohl in allen Epochen der Freiburger Geschichte Bürger·innen gab, die sich der Logik von nicht nur kriegerischer Gewalt und Gegengewalt widersetzten. So wie es in der ersten Szene des Film zu erleben ist: Hier steht der später zum Graf von Fahnenberg geadelte Stadtschreiber Franz Ferdinand Meyer auf der Stadtmauer und schwenkt die weiße Fahne – und bewahrt Freiburg im Jahr 1713 vor der Zerstörung durch belagernde französische Truppen.

Nicht nur im Kino wird er gezeigt, sondern nun auch in Bürgerhäusern, Kultur- und Jugendtreffs, in Schulen. Gedacht ist auch an eine Zusammenarbeit mit dem Rathaus und dem Kommunalen Kino. Im Sommernachtskino, das am 1. Juli startet „wird es leider keine Vorführung geben“, bedauert Schittich.

Filmcover: Tun wir. Tun wir. Was dazu!

Tun wir. Tun wir. Was dazu!
Freiburg 2022
Regie: Autorenteam 12 A*
Mit: Janou Iserloh, Sujit Kuruvilla u.a.
Laufzeit: 88 Minuten
Info: ganter.filmundmedien

 

 

Fotos: © Ulrike Schubert, Ganter Film & Medien, Markus Weber