Vorfahrt für die Küche: Der neue Raben in Horben Schlemmen & Sürpfeln | 26.06.2024 | Reinhold Wagner
Das Gasthaus zum Raben in Horben genießt seit Jahrzehnten einen ausgezeichneten Ruf. Der historische Gasthof wurde 2001 grundlegend saniert, bevor ihn von 2004 bis 2023 Sternekoch Steffen Disch führte. Im Frühjahr 2024 hat ein Paar aus Frankreich die Regie übernommen. In der Küche wie im Gästehaus weht seither ein frischer Wind, der so manche Überraschung bereithält.
Als neue Gastgeber begrüßen Pierre Barrel (34) und seine Frau Melanie Sivre (35) ihre Gäste mit viel Charme und hörbar französischem Akzent. Er stammt ursprünglich aus der Bretagne, sie aus der Auvergne. Und das zeigt sich nicht nur in der Aussprache, sondern zieht sich durch das ganze Angebot fort. „Wir bieten eine französisch beeinflusste Küche, die lokale Produkte hervorhebt“, erläutert Pierre Barrel die Philosophie des Hauses und fährt fort: „Wir leben in einer Region, die reich an Qualitätsprodukten ist, und möchten diese in den Vordergrund stellen, um die Arbeit ihrer Erzeuger zu würdigen.“ Sein Credo als Küchenchef lautet daher: „Saisonal vor international“ und speziell beim Fleisch: „Wir arbeiten mit Landwirten zusammen, die den Tierschutz von der Geburt bis zur Schlachtung respektieren. Zum Beispiel liefert der Steingrubenhof Bio-Hühner, die auf dem Berg im Freien aufgezogen werden.“ Zu diesem Anspruch gehört auch: „Wir verwenden alle Teile des Tieres, um Gerichte, Fonds und Saucen zu kreieren und vermeiden so jegliche Verschwendung.“
Auf der kleinen Tageskarte – genau genommen ist es eine Tafel – des Bistros stehen daher lediglich eine Vorspeise und zwei Hauptgänge zur Wahl, in der Regel einmal mit Fleisch und einmal vegetarisch oder mit Fisch. Im Hauptraum, dem Restaurant, serviert Barrel seinen Gästen grundsätzlich ein Menü à la „Carte Blanche“, also auf „weißer Karte“. Das bedeutet: Man wählt lediglich zwischen Fleisch, Fisch, vegetarisch oder vegan – sämtliche Ernährungsspezialisierungen berücksichtigend. Das Ganze gibt es als Vier- oder Sechs-Gang-Menü. Alles Weitere bleibt bis zum Schluss das Geheimnis des Küchenchefs.
Mit Experimentierfreude und Offenheit
Diese Vorgehensweise erlaubt es dem erfahrenen Koch, so flexibel und vielseitig zu sein, wie es das Tier erlaubt. Barrel schildert: „Wenn die Rinderrippe ausverkauft ist, ersetzen wir sie durch Entrecôte, manchmal noch am selben Abend.“ Selbstverständlich werden auch die Innereien und weniger bekannte Teile des Tiers verwertet und aufgetischt, was manchmal für überraschte Gesichter am Tisch sorgt. Geschmacklich tut das dem Genuss aber keinen Abbruch. Nur: Etwas Experimentierfreude und Offenheit sollte der Gast schon mitbringen. Aus seinen 19 Jahren Berufserfahrung an angesehenen Häusern und Sterneküchen in Frankreich, der Schweiz und Deutschland weiß Barrel: „Wenn man à la Carte wählt, neigt man dazu, in seiner Ess-Komfortzone zu bleiben und verpasst dadurch vielleicht ganz neue kulinarische Erfahrungen. Das Carte-Blanche-Menü bietet die Möglichkeit, Gerichte auszuprobieren, die man nicht unbedingt bestellt hätte, was möglicherweise ungeahnte geschmackliche Vorlieben zutage fördert. Der Gast hat nur Vorteile: Er kann neue Geschmacksrichtungen und Kochtechniken entdecken und die lokale Landwirtschaft unterstützen.“
Gelungene Fusion aus Alt und Neu
Etwa einmal pro Woche wechselt Barrel das Menü, sodass auch Stammgäste aus der Umgebung immer wieder Neues entdecken können. Jetzt, wo sich die Sonne wieder öfter zeigt, kann auch auf der großen Terrasse gespeist werden. Und Gesellschaften steht die ehemalige Scheune mit bis zu 120 Sitzplätzen zur Verfügung. Auch Übernachtungsgäste nimmt das Paar gerne bei sich auf. In der oberen Etage des Hauses befinden sich sechs rustikal eingerichtete Gästezimmer, davon eines ein Familienzimmer. Neben Pierre Barrel und Melanie Sivre kümmert sich eine Hauskraft um die Zimmer. In der Küche stehen Barrel aktuell ein Koch, ein Spüler und eine Küchenhilfe zur Seite. Gemessen an der Zahl der Sitzplätze – es sind jeweils 30 je Raum und nochmals so viele auf der Terrasse – macht die Küche einen geradezu geräumigen Eindruck. Auf diesen Luxus und die modernen Herde ist Barrel stolz. Obwohl er eigentlich lieber mit Gas statt elektrisch kochen würde. Aber die geschmackvolle Komplettsanierung des Raben begrüßen er und seine Frau sehr. Was geblieben ist, sind die bis zu einem halben Meter dicken Steinmauern und das massive Holzgebälk an den Decken, das zusätzlich isoliert wurde. Diese gelungene Fusion aus Alt und Neu verleiht Haus, Hof und Scheune ihren unverwechselbaren Charakter. Gepaart mit dem frischen, jungen Wind aus Frankreich dürfte der Erfolg des Hauses auch künftig gesichert sein.
Rezept des Monats
vom Raben in Horben
Poulardenbrust mit zweierlei Aubergine und Zitrone
Für 4 Personen
2 Poulardenbrüste à 250 g
Salz, Pfeffer, Olivenöl, Butter
Geflügeljus mit Zitrone
1 Glas Rotwein
etwas Gemüsebrühe
Butter
1 in Salz eingelegte Zitrone
Schnittlauch
Auberginenpüree
2 Auberginen
Salz, Pfeffer, Zitronensaft
nach Bedarf Chili oder Tabasco
Panierte Auberginen
1 Aubergine
Salz, Pfeffer
Mehl, Eiweiß, Paniermehl
Olivenöl
Poularde mit Salz und Pfeffer würzen und mit etwas Olivenöl in der Pfanne auf der Hautseite bei niedriger Hitze etwa 5 Minuten knusprig anbraten. Das Fleisch wenden und ein Stückchen Butter hinzugeben. Sobald das Geflügel auf Druck Widerstand leistet, vom Herd nehmen und 10 Minuten ruhen lassen. Vor dem Servieren das Fleisch nochmals in Butter schwenken und erwärmen.
Für den Geflügeljus die Butter aus der Pfanne entfernen. Die Pfanne mit Rotwein löschen und fast trocken einkochen. Das Ganze mehrmals wiederholen, etwas Gemüsebrühe hinzugeben und alles kochen lassen, bis der Jus auf die gewünschte Konsistenz reduziert ist. Die Pfanne von der Herdplatte nehmen, ein Stück Butter hinzufügen und langsam einrühren. Die Salz-Zitrone in kleine Stücke schneiden und hinzufügen. Etwas fein geschnittenen Schnittlauch dazugeben.
Für das Auberginenpüree zwei Auberginen grillen, bis sie ganz schwarz sind. Die Haut abziehen und das Fleisch fein pürieren. Kräftig würzen.
Die zu panierende Aubergine der Länge nach in Achtel schneiden und einige Minuten im Dampfgarer vorgaren. Die Stücke abkühlen lassen, mit Salz und Pfeffer würzen und nacheinander in Mehl, Eiweiß und Paniermehl panieren. Dann in 180 Grad heißem Öl braten. Erst im letzten Moment frittieren, damit sie knusprig werden.
Info
Gasthaus zum Raben
Dorfstraße 8
79289 Horben
Tel.: 0761/70771825
www.raben-horben.de
Mo., Do. + Sa.: 18–21 Uhr
So. + feiertags: 12–14.30 und 18–21 Uhr
Di. + Mi. Ruhetage
Fotos: © Deniz Sari, Reinhold Wagner