Einfach eine Hitmaschine: Von wegen Lisbeth auf dem ZMF Musik | 23.07.2023 | Philine Sauvageot

von wegen lisbeth beim zmf freiburg Wortgewandt und leidenschaftlich: Sänger Matthias Rohde im Zirkuszelt des ZMF

„Elon Musk kommt nicht ins Berghain. Ach Elon Elon, nein nein nein!“ Wie schön ironisch können bitte deutsche Texte sein? Die Berliner Indie-Pop-Band Von wegen Lisbeth ist der lebende Beweis. Und die schunkelnde, klatschende Menge im ausverkauften ZMF-Zirkuszelt hat am Freitagabend enthusiastisch mitgesungen. Manchmal sogar textsicherer als der Frontmann Matthias Rohde.

Sensibel und selbstkritisch

Aber Texthänger und auch eher ungeschickte Ansprachen zwischendurch machen die Berliner Indie-Pop-Band nur noch sympathischer. Und sie hat selbst so viel Spaß dabei, man schaut in überglückliche Gesichter, die auch mal mit ihren Instrumenten schmusen.

Überhaupt ist die Sprache auch an diesem Abend ihr großes Talent. Sie wählen sie bedacht, sensibel, selbstkritisch. Daher ihre Bitte auf der ZMF-Bühne ans Publikum: Wer im Song „Bitch“ ein anderes Schimpfwort bevorzuge, solle doch einfach stattdessen „Schuft“ oder „Knecht“ singen.

Zu eng zum Grooven

Ihren Song „Auf Eis“ deuten sie einfach um: Den Namen von Claudia Pechstein ersetzen sie mit dem einer anderen Eisschnellläuferin. Wegen ihres umstrittenen Auftritts in Polizeiuniform bei einer CDU-Veranstaltung wollten sie ihr keine Bühne geben, sagt Rohde. Besser so. Die Band hatte den Song zwischenzeitlich ganz aus dem Repertoire genommen.

Da spürt man die Erfahrung der fünf Musiker. Sie haben ihre Band 2012 gegründet, aber schon lange davor in der Schule gemeinsam Musik gemacht. 2015 tourten sie als Vorband von AnnenMayKanetereit, 2016 erschien ihr Debütalbum „Grande“ über das Major Label Sony. Es folgten Support Shows für Element of Crime.

Das Quintett weiß also, wie es die Menge zum Toben bringt. Nur schade, dass es im Zirkuszelt viel zu eng ist zum Mitgrooven. Und die Sicht in der Mitte der Menge gleich null. Alles fühlt sich nach Disco-Revival an, der Sound ist fantastisch, hat fast Studioqualität. Da würde man zu gerne tanzen. Eine Zeitreise in die 70er Jahre ist die Show. Sie überzeugt akustisch mit präsenten Synthesizern und optisch mit einer vor allem orange-funkelnden riesigen Matratze aus dicken Luftpolstern hinter der Band.

Lücke gefüllt

Eins der Highlights: Das poetisch-charmante Liebeslied Augen. Dass der Sänger da mal kurz den Text vergisst, ist egal, seine Fans füllen die Lücke souverän und lautstark. An diesem Abend spürt man wieder: Von wegen Lisbeth sind einfach eine Hitmachine.

Fotos: © Lina Weber

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