Besondere Pflanzen im Schwarzwald Natur & Umwelt | 10.06.2023 | Wolfgang Speer

Sumpfblutauge

Drei Viertel des Schwarzwalds sind mit Wald bedeckt, doch die Landschaft ist reich strukturiert und bietet mit offenen Lagen, Seen, Moorgebieten und vielen Einzelbiotopen ideale Lebensräume für seltene Pflanzen. REGIO-Autor Wolfgang Speer gibt faszinierende Einblicke in das florale Raritäten-Schatzkästlein.

Selten und geschützt ist zum Beispiel die Türkenbundlilie (siehe unten), deren Name von der Turban-förmigen Blüte herrührt. Die eigenartige Pflanze blüht von Juni bis August an sonnigen Berghängen des Schwarzwalds, am Feldberg und entlang des Felsenwegs. An günstigen Standorten wird das Liliengewächs bis 150 Zentimeter hoch und entwickelt zauberhafte Blüten mit hellrosa-violett bis rot-braunen Tönen. Nachts verbreiten die Blüten einen süßen, intensiven Duft, der Nachtfalter anlockt, die die Blüten bestäuben.

Türkenbund

Der Gelbe Frauenschuh (siehe unten) gehört zu den prachtvollsten Orchideen überhaupt. Die wild wachsende Art ist in Deutschland sehr selten. Im Schwarzwald war diese Pflanze früher weit verbreitet, heute sind große Ansammlungen kaum mehr auffindbar. Nur im Schwarzwald-Baar-Kreis gibt es noch wenige Stellen, wo diese Orchidee wild vorkommt. Sie benötigt eine Entwicklungszeit von vier Jahren für ihre Blatttriebe. Erst nach weiteren Jahren entwickeln sich die Blüten. Der Frauenschuh steht unter besonderem Schutz der Europäischen Union.

Gelber Frauenschuh

Das Alpen-Glöckchen (siehe unten) wird auch Troddelblume genannt und ist eine alpine Art, die in den Alpen bis auf 2800 Meter zu finden ist. Interessant ist, dass sie außerhalb der Alpen nur am Feldberg vorkommt. Das Glöckchen ist ein Relikt der letzten Eiszeit. Das zeigt sich auch am Standort der Pflanze, die feucht-kalte, teilweise moorige Plätze zur Entwicklung benötigt. Dabei treibt sie oft aus verbliebenen Schneeresten heraus. Die violetten Blüten mit Fransen blühen je nach Wetter- und Höhenlage von April bis Mai. Das Primelgewächs war Blume des Jahres 2004 und steht unter Schutz.

Alpenglöckchen

Der Blaue Eisenhut ist eine Gebirgspflanze. Mit intensiv verführerischem Blau zieht sie verschiedene Hummelarten an. Die attraktive Pflanze erreicht Wuchshöhen von 50 bis 200 Zentimetern und blüht von Juni bis August. Das obere Kelchblatt deckt wie ein Helm die Seitenblätter ab, von daher kommt der Name Eisenhut. Jedoch gehört sie zu den giftigsten Pflanzen überhaupt. Nach der griechischen Mythologie entstand die Giftpflanze, als Herakles den Hund Zerberus aus der Unterwelt auf die Erde hinaufbrachte. Der vom Tageslicht geblendete Hund spuckte giftigen Speichel. Der fiel zur Erde und aus ihm wuchs der Eisenhut, dessen Gift alles Lebende ins Reich der Toten befördert.

Als typische Pionierpflanze in Flachwasser und Sümpfen gilt der Fieberklee. Die wild wachsende Pflanze blüht von Ende April bis Juni und entwickelt danach kleine Früchte. Die Blüten zeigen sich im Detail faszinierend: Fünf schmale Kronenblätter sind als Knospe zunächst rosa, mit Öffnung der Blüte hell-rosa bis weiß und mit langen Fransenhaaren besetzt. Die Bestäubung erfolgt meist durch Bienen und Schmetterlinge. Fieberklee trägt zur Verlandung von Wasserstellen bei und sorgt so für die Ansiedlung weiterer Moorpflanzen wie Wollgras, Seggen, Sumpfblutauge und Sumpf-Veilchen.

Hochmoor-Blaeuling auf Sumpfblutauge

Das seltene Sumpfblutauge, mit Besuch durch einen Hochmoor-Bläuling.

Ein reizvoller Farbtupfer ist in Moorgebieten das Sumpfblutauge (siehe oben). Es gehört zu den Rosengewächsen und besiedelt Flach- und Zwischenmoore, so wie am Moor in Hinterzarten. Oft bildet diese Art einen schwimmenden Teppich auf den Moorgewässern. Reizvoll ist der Blütenstand dieser Pflanze, so sind die Kelchblätter größer als die Blütenblätter, die auf der Innenseite intensiv purpurrot gefärbt sind. Die Blütezeit liegt zwischen Juni und Juli. Auch der Hochmoor-Bläuling schätzt diese Pflanze.

Der Rundblättrige Sonnentau wurde erstmals von Charles Darwin im Jahr 1860 beschrieben. Um ihn zu entdecken, gilt es genauer hinzusehen, denn die Pflanze ist wegen ihrer geringen Größe nicht leicht zu finden. Erst ab Juli, wenn der Sonnentau Stiele treibt und feine Knospen erscheinen, ist er gut zu sehen. Jedoch öffnen sich die kleinen weißen Blüten nur bei Sonne. Die nahe dem Boden liegenden, wie Löffelchen aussehenden Blätter sind mit rötlichen Tentakeln besetzt, die eine klebrige Flüssigkeit ausscheiden. Insekten werden durch das Sekret festgehalten und verdaut. Fundstellen sind zum Beispiel am Hochmoor Kaltenbronn und am Blindensee. Die langblättrige Art hat ein Habitat im Umfeld vom Feldsee.

Sonnentau

Spektakulär in der Vergrößerung, klein und leicht zu übersehen in der Natur: Der insektenvertilgende Sonnentau ist in Mooren heimisch.

Tipp

Ist das Interesse an besonderen Pflanzen geweckt? Im idyllischen „Feldberggarten“ beim Haus der Natur bieten Wäldchen und Freiflächen am Wegesrand ganz unterschiedlichen Tieren und Pflanzen Lebensräume. Tafeln informieren über Flora und Fauna. In drei Schaubeeten können Besucher für Magerrasen, Wald sowie waldloses Moor typische Pflanzen kennenlernen.

Fotos: ©  Wolfgang Speer,  Lars Ortgies