Hauptsache Holz: Nachhaltige Architektur in der Regio Special for Homepage | 03.10.2023 | Dorothea Wenninger, Pascal Lienhard & Philip Thomas

Holzbau in der Bugginger Straße 52: Buggi 52

Südbaden beherbergt nicht nur Schwarzwaldhöfe. In der Region finden sich zahlreiche architektonische Glanzpunkte, viele verbinden Tradition mit Moderne. Lust auf REGIO stellt einige Highlights vor.

Buggi 52

Beinahe-Hochhaus aus Holz

Der erste FSC-zertifizierte Holzbau Deutschlands Holzbau in der Bugginger Straße 52: Buggi 52wurde 2021 an der Bugginger Straße 52 in Freiburg-Weingarten errichtet. Der liebevoll „Buggi 52“ genannte Bau ersetzt einen in die Jahre gekommenen eingeschossigen Supermarkt. Dieser Neubau wertet das Quartier auf, leistet einen sozialen Beitrag und er schuf zusätzlichen Wohnraum: Aus einem wurden acht Geschosse, wodurch Raum für 30 Wohnungen verschiedener Größen und Standards – auch Sozialwohnungen – entstanden. Die Nahversorgung ist weiterhin gesichert, denn ein lokaler Supermarkt konnte wieder in das Erdgeschoss einziehen. Die Kinder aus der Kita direkt darüber haben Platz zum sicheren Spiel im Freien – auf dem zum Teil begrünten Flachdach des Supermarkts.

Während Unter- und Erdgeschoss massiv aus Beton errichtet wurden, sind die Geschosse 1 bis 7 komplett aus Holz erbaut. Das ist für diese Gebäudeklasse, ein Haus dieser Höhe – nämlich zwei Zentimeter unter Hochhaus-Niveau – absolut außergewöhnlich und zukunftsweisend für das Bauen mit Holz, versichert Elena Feiler vom Architekturbüro Weissenrieder in Freiburg, das mit dem Projekt beauftragt worden war.

Der Großteil ist in Holz-Tafel-Bauweise erstellt worden: Dabei werden kleine Wandteile aus mehreren Holzteilen zusammengesetzt und wie beim Fachwerkhaus mit Dämmmaterial „ausgefacht“, also gefüllt. Treppenhäuser und Aufzugschächte verlangen eine sehr hohe Stabilität und sind daher aus Massivholz. Die Fassaden bestehen aus für eine bessere Optik vorvergrauten Weißtannenbrettern, die Fenster aus unbehandeltem Lärchenholz.

Die Erstellung des Holzbaus ging sehr zügig voran: Die beauftragte Holzfirma aus Bernau, die über ein eigenes Sägewerk verfügt, hat die im Schwarzwald vorproduzierten Bauteile an Ort und Stelle zusammengesetzt. In ungefähr einer Woche konnte so jeweils ein Geschoss fertiggestellt werden.

Mit seiner schmalen Seite zum Else-Liefmann-Platz hin wirkt das Haus relativ leicht und lässt dem Platz dadurch viel Raum, der zur neuen Mitte von Weingarten-West aufgewertet wurde.

Fotos: ©  Jochen Weissenrieder, dw

 

Rainhof scheune

Neues Leben im ­Kulturdenkmal

Außenansicht von der Rainhof Scheune

Tradition trifft auf Moderne: Mehr als 150 Jahre hat die Kirchzartener Rainhof Scheune auf dem Buckel. Heute können Gäste hier nächtigen, schlemmen, regionale Produkte shoppen oder in einem preisgekrönten Buchladen schmökern.

Mit einer Fläche von rund 2000 Quadratmetern ist die Rainhof Scheune eine der größten ihrer Art in Südbaden. Das macht sie zu einem repräsentativen und eindrucksvollen Bau. In den 2000ern machte sich eine Gruppe von Visionären daran, ihm neues Leben einzuhauchen.

Von Anfang an in die Modernisierung involviert ist Sibylle Steinweg. Inspiration sammelte sie gemeinsam mit dem Schwarzwälder Bauunternehmer Willi Sutter bei einem Besuch am bayrischen Tegernsee. „Dort war in einer alte Scheune ein Buchladen eingezogen, zusammen mit einer Gärtnerei, Antiquitäten und einem Café“, erinnert sich Steinweg. Dem Duo gefiel die Idee so gut, dass es sie in den Breisgau bringen wollte. Schnell war die Rainhof Scheune als Standort für das Projekt auserkoren.

Die Buchhandlung im Innenbereich der Rainhof Scheune

Gemütliche Schmökerecken: die Buchhandlung Rainhof Scheune

Die denkmalgeschützte Rainhof Scheune wurde nach dem Kauf 2008 von der Rainhof GbR behutsam saniert. Beim Um- und Ausbau achtete man darauf, dass möglichst viel der alten Bausubstanz erhalten blieb. Seit der Eröffnung im Mai 2010 sind verschiedene Läden eingezogen. „Es gab immer ein bisschen Wechsel, aber inzwischen ist alles sehr rund, und 2016 wurde sie zur ersten Naturpark-Marktscheune im Südschwarzwald“, sagt Steinweg.

Heute haben in der historischen Location ein Hotel mit Gaststätte und Wellnessbereich, eine Marktscheune mit regionalen Produkten, ein Bistro und der Weißtannenraum ihr Zuhause gefunden. Zudem laufen in der Tenne und dem von Steinweg geführten Buchladen, der vor allem Belle­tristik, Kinder- und Jugendliteratur anbietet, kulturelle Veranstaltungen. Das kommt bestens an: Vergangenes Jahr wurde dem Buchladen, dessen Miteigentümerin seit einigen Jahren Steinwegs Tochter Charlotte ist, der Deutsche Buchhandlungspreis verliehen.

„Das hat uns einen ziemlichen Bekanntheitsschub verschafft“, freut sich Steinweg. Über mangelnde Kundschaft können sich die Betreiber der Scheune ohnehin nicht beschweren. „Wir haben viele Gäste, das Konzept wird richtig gut angenommen“, freut sich Steinweg. Der Tegernsee hat den Breisgau erfolgreich inspiriert.

Fotos: © 2f-Freiburg

 

Haus der Bauern

Moderner Hybrid aus Holz, Glas und Beton

Außenansicht vom Haus der Bauern

Design trifft Funktion: Das Haus der Bauern ist als Passiv-Haus angelegt.

Nachhaltig und modern. So präsentiert sich das „Haus der Bauern“ an der Merzhauser Straße in Freiburg. Der 2014 fertiggestellte Hybrid aus Holz, Glas, Beton und Stahl ist nicht nur Arbeitsplatz für rund 100 Mitarbeiter des Bauernverbands – der Bau in unmittelbarer Nachbarschaft zum Badischen Weinverband samt Versuchs-Reben soll auch eine Botschaft an Verbraucher senden.

Das nach außen gut sichtbare und im Schwarzwald geschlagene Holz des Gebäudes liegt unter einer UV-abweisenden Glasfassade. Die vertikalen rippenartigen Wandscheiben aus Brettschichtholztafeln mit integrierter Wärmedämmung („Fassadenlisenen“) sind innen sowie außen sichtbar. Die gläserne Außenhaut liegt rund 18 Zentimeter vor der Fassadentafel.

Dadurch bleibt das Material sichtbar und behält seine charakteristische Farbe. Im Inneren liegen Besprechungsbereiche, Bibliotheken, Archive sowie eine Teeküche. In einem repräsentativen Sitzungszimmer samt Dachterrasse finden Veranstaltungen wie Vorträge oder Lesungen statt. Glaswände und -türen sollen für größtmögliche Offenheit und Austausch sorgen.

Der viergeschossige Holzbaukörper aus Fichtenholz mit einem Volumen von rund 2000 Kubikmetern und einer Nutzfläche von rund 2500 Quadratmetern steht auf einem eingegrabenen Tiefgaragensockel mit Treppenhauskern aus Stahlbeton. Verknüpft ist das Holz der Fassadenscheiben, Innenstützen, Deckentafeln, Unterzüge und Innenwandscheiben nicht per Stahlverbindungen, sondern über sogenannte Zapfenverbindungen, bei der zwei korrespondiere Teile per Schlitz und Knauf ein neues Ganzes bilden.

Das Haus der Bauern ist ein Passiv-Haus: Gekühlt wird es durch Bachwasser aus dem Loretto­berg, die Lüftungsanlage wird durch Wärmerückgewinnung ergänzt. Für WC und Außenbewässerung kommt Regenwasser zum Einsatz. Eine Fotovoltaikanlage mit einer Leistung von maximal 44 Kilowatt erzeugt jährlich mehr Strom, als Wärmeerzeugung, Lüftung, Kühlung und Beleuchtung benötigen.

Foto: © pt